Vom Auslöser bis zum Abzug - Moritz und seine Dunkelkammer

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Moritz fotografiert nicht nur analog, er entwickelt den Film auch selbst und macht seine eigenen Abzüge. In diesem Artikel erzählt er von seinem Prozess und wie es überhaupt dazu kam, dass er sich in die analoge Fotografie und die Dunkelkammer verliebte.

Fotografie und Abzug von Moritz van Heel

Über Moritz

Hallo, ich bin Moritz 29 Jahre alt, in einer Kleinstadt aufgewachsen und mir war langweilig. Also habe ich aus einer gewissen Technikaffinität heraus ein Interesse an Kameras entwickelt. Zu Weihnachten bekam ich mit 17 Jahren eine DSLR geschenkt, kurz darauf eine analoge SLR von meinem Großvater; das war eine Praktica PL nova IB. Mich interessierte der SW Prozess und ich war schwer beeindruckt von James Nachtways Arbeiten, die ich durch den Dokumentarfilm „War Photographer“ kennenlernte. Ich habe damals meinen Kunstlehrer so lange genervt, bis er mir als Revenge für meine IT-Hilfe in der Schuldunkelkammer zeigte, wie man SW Filme entwickelt und Abzüge macht. Darauf folgte ein ziemliches (jahrelanges…) Rumgepansche ohne gute Resultate, aber mit viel Frustration.

Fotografie und Abzug von Moritz van Heel

Wie es überhaupt dazu kam

Zum Abi hatte ich einen simplen SW Vergrößerer geschenkt bekommen, sodass ich in allen meinen Studentenbuden nachts in meinem Zimmer Abzüge machte. Ich hatte jedoch nie ein wirkliches System entwickelt und wollte tausende Male zurück zur digitalen Fotografie. Das erschien mir allerdings als verfrühtes Aufgeben, hatte ich doch viel zu viel Freude an meiner Leica (habe ich seit knapp 10 Jahren) und meiner Rolleiflex. In einem Forum hatte ich den Tipp bekommen, das Buch „the f-stop method“ von Gene Nocon zu lesen. Das sollte sich als ein allesentscheidender Gamechanger herausstellen.

Fotografie und Abzug von Moritz van Heel

Seitdem bekomme ich reproduzierbare Prints zustande und konnte viel üben. Es folgte also ein Upgrade auf Barytpapier, weil das die Schwärzen wesentlich kräftiger darstellt als PE-Papier – zumindest nach meiner Erfahrung.
Ich mache ein oder zwei Reisen im Jahr, meist in Europa, und fotografiere das alltägliche Leben der Menschen vor Ort. Danach habe ich meistens genug Material, um den Rest des Jahres in der Dunkelkammer zu verbringen.

Fotografie und Abzug von Moritz van Heel

Die Vorbereitung

Erstmal trinke ich einen viel zu starken Kaffee, denn die Konzentration für einen so langsamen und manchmal frustrierenden Prozess zu halten fällt mir schwer. Ich habe keine wirkliche Dunkelkammer, das wird sich hoffentlich bald ändern. Also: Fenster verdunkeln, Oberflächen entstauben, Chemiebäder ansetzen und in die Schalen gießen sind Teil der Vorbereitung.

Fotografie und Abzug von Moritz van Heel

Die Zutaten

Im Wesentlichen ist der Prozess gleich wie beim Negativ. Es gibt das Papier als lichtsensitiven Träger, der belichtet wird, in diesem Fall mit dem entwickelten Negativ. Dann der nasse Prozess, das sind Entwickler, Stopbad und Fixierer, wie beim Negativprozess. Am Ende kann man den Abzug tonen, da bin ich aber noch völlig ahnungslos. Damit werde ich mich in Zukunft befassen.
Ich brauche auch Musik. Irgendetwas, das catchy ist; solang er im Dunklen bleibt, auch Wolfgang Petry.

Fotografie und Abzug von Moritz van Heel

Der wichtigste Schritt

Am wichtigsten für meinen Ablauf ist ein guter Workprint. So werden Abzüge ohne Manipulation genannt, also ohne Nachbelichten oder Abwedeln. Darauf kann man dann aufbauen, welche Bereiche man dunkler oder heller haben will, mit mehr oder weniger Kontrast, und kann auch gezielt die Schatten oder Lichter ansteuern. Das Gesamte im Zusammenspiel zu betrachten ist dabei sinnvoller als einzelne Bereiche für sich zu bearbeiten, etwa mit einem Teststreifen.

Fotografie und Abzug von Moritz van Heel

Tipps und Tricks

Wenn ich an meine Anfänge denke, ganz klar: Es kann erst einmal sehr frustrierend sein. Viele eigenartige Fehler ohne erkennbare Ursache gilt es da auszumerzen. Vielleicht ist es doch am besten, sich den Positivprozess von jemandem zeigen zu lassen, der etwas bewandert ist. Letztendlich kommt es sicher auf die Erwartung an: Will man mal ausprobieren, was das eigentlich alles ist, oder will man seine Negative in Würde auf Papier bringen? Letzteres betrachte ich mehr als präzises Handwerk. Ein Tischler braucht auch seine Zeit und Erfahrung, um ein tolles Möbelstück zu bauen. Palettenbett kann wohl jeder irgendwie. Ach, und nicht am Papier sparen. Lieber eines zu viel und etwas gelernt, als eines gespart und frustriert sein.

Fotografie und Abzug von Moritz van Heel

Vielen Dank an Moritz, dass er seinen Prozess und seine Fotografien mit uns geteilt hat! Schau auf seinem Instagram vorbei und lass Dich inspirieren! Auf Anfrage verkauft Moritz seine Prints auch für 35€ inkl. Versand (für einen 18x24cm Abzug). Was nach Abzug der Materialkosten übrig bleibt, geht an einen Hilfsorganisation. Schreibe ihm bei Interesse einfach eine Nachricht auf Instagram .
Versuchst Du Dich auch ab und zu in der Dunkelkammer? Teile Deine Erfahrungen in den Kommentaren mit uns, wir sind schon gespannt!

geschrieben von alinaxeniatroniarsky am 2021-04-17 in #Menschen #Anleitungen

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