Die Wunder der Natur, eingefangen von Community Member @S-Ji

1

Stéphanie (@s-ji) ist eine französische Fotografin, die ihren Familienalltag in den Schweizer Alpen in künstlerischen Fotografien festhält. Ihre Bilder, bei denen es sich häufig um Doppelbelichtungen, EBS-Aufnahmen (exposing-both-sides) und Film Swaps handelt, zeugen von ihrer Wertschätzung des Familienzusammenhalts und dem Ausdruck von Neugier und Emotionen auf fotografischem Film. Sie demonstrieren eine tiefe Verbundenheit mit der Natur und einen spielerisch-experimentellen Zugang zur Fotografie. Hier unser Interview mit ihr.

Von: s-ji

Hallo Stéphanie! Willkommen in unserem Magazin. Stell dich bitte zu Beginn kurz vor. Wie und wann hast du mit der Fotografie auf Film begonnen?

Ich bin 44 Jahre alt, gebürtige Französin, lebe aber schon seit fast 15 Jahren in einem Bergkanton in der Schweiz. Ich arbeite als Röntgenlaborantin und produziere so auch Bilder auf der Arbeit, auch wenn dabei Röntgenstrahlen die Photonen ersetzen. Für einige Jahre habe ich digital fotografiert, bevor ich nach langem Zögern die analoge Fotografie für mich entdeckte.

Richtig begonnen habe ich 2021 mit dem Tod meiner Großmutter. Beim Leerräumen ihres Hauses fiel mit eine Ultra-Fex aus den 50ern in die Hände. Für mich wurde es zur Challenge, da die 620 mm Filme, die Kamera regulär verwendet, nicht mehr zu finden sind. So begann ich von Anfang an, die Filme per Hand zurückzuspulen – immer ein kleines Abenteuer.

Es löste viele Gefühle in mir aus, als ich begann mit der Kamera zu fotografieren. Es war der Gedanke an die vorherigen Besitzer der Kamera (meine Großeltern) und nicht zu wissen, was ich in dem Bauch dieser antiken Ultra-Fex schon so alles befand. Das Ergebnis hat meine Erwartungen übertroffen und ich habe mich in den Prozess, wo plötzlich alles langsam wurde, verliebt.

Von: s-ji

Mit Film habe ich, bei aller Bescheidenheit, das Gefühl, eine handwerkliche Fotografin zu sein. Das macht mich vorsichtiger, ich drücke seltener auf den Auslöser und wenn, dann mit voller Absicht. Vor dem Fotografieren blicke ich achtsam um mich herum und warte auf das perfekte Licht, denn es gibt keine gedankenlosen Wiederholungen wie bei Digital mehr; Film kostet Geld und Verschwenden liegt mir nicht.

Und dann dieses genüssliche Warten in dieser hektischen Welt; das Ausschauenhalten nach dem Postmann mit den entwickelten Filme in der Tasche und das langsame Scannen, Bild für Bild, mit überraschenden Ergebnissen. Eine alte Technik und eine alte Kamera haben mich dazu gebracht neue und intensive Gefühle zu erfahren. Schnell habe ich einen Scanner und eine hochwertigere Kamera investiert - die vollmanuelle, ultraverlässliche und legendäre Nikon F2.

Von: s-ji

Kannst du uns von deinen Doppelbelichtungen erzählen? Wie bist du dazu gekommen, diese Technik auszuprobieren?

Ich habe bereits digital Bilder übereinander gelegt. Analog hat mich zuerst das „blinde“ Belichten begeistert, aber je mehr ich mich um die Komposition meiner Doppelbelichtungen kümmerte, desto mehr war ich stolz, wenn das Resulat meinen Vorstellungen entsprach oder sogar diese übertraf.

Ich fotografiere ausschließlich draußen. Ich liebe den Planeten mit all seinen verrückten Landschaften, und meine Lieblingsmodels sind meine Kinder, die dort friedlich leben. Diese zu kombinieren, gefällt mir am meisten. Mir hölzernen Knochen für sie vorzustellen, ihre Gesichter grün zu färben, sie in der Landschaft verschwinden zu lassen, ist meine Art meinem Heim (mit riesigem H!) meinen Respekt zu erweisen und Liebe durch Kreativität zu zeigen.

Von: s-ji

Bringst du deinen Kinder auch etwas über die Filmfotografie bei, um ihnen das Handwerk näher zu bringen?

Absolut. Ich habe ihnen das Prinzip der Doppelbelichtung erklärt, besonders weil diese Fotos zu den einzigen gehören, bei denen sie mehr oder weniger still stehen müssen. So war es logisch, dass sie den Prozess verstehen würden oder auch nicht, um dieses kurzzeitige Opfer aufzubringen. Für gewöhnlich bewegen sie sich auf meinen Landschaftsaufnahmen und machen ihr Ding, und da greife ich sicher nicht ein, es ist ihre Natürlichkeit und ihre Freiheit, die mich interessiert!

Für die Doppelbelichtungen und besonders für die EBS habe ich ihnen erklärt, warum ich mir Sachen in mein Notizbuch aufschreibe und was die kleinen Zeichnungen bedeuten. Sie waren sehr interessiert. Mein Sohn und ich entschieden uns einen Charakter aus seinem Lieblingsvideospiel gemeinsam zu machen (eine Art Zentaur in Zelda namens Lynel). Mit meiner Tochter durfte sich entscheiden, mit was sie ein einfaches Porträt von ihr überlagern wollte (sie hat dafür eine bestimmte Blume gewählt).

Sie haben mir noch viele weitere Ideen vorgeschlagen, und wahrscheinlich werde ich sie mit dem nächsten EBS Film umsetzen, um sie noch mehr teilnehmen zu lassen. Dabei ist es egal, ob sie auf dem Bild sind oder nicht, da die meisten ihrer Ideen mit Natur und Alltagsgegenständen zu tun haben.

Von: s-ji

Wie sieht dein Prozess beim Fotografieren von Doppelbelichtungen aus? Komponierst du spontan oder planst du vor?

Ein bisschen von beidem. Mit der Weiterentwicklung meiner Arbeit habe ich begonnen über komplexere Bilder nachzudenken, über eine spannende Verbindung zwischen unter- und überbelichteter Stellen. Zum Beispiel einen Zahn durch einen Berg zu ersetzen (der Berg im Tal vor meinem Haus heißt übersetzt "Weißer Zahn"), einen ganzen Wasserfall einzusetzen in den durstigen Körper meines Sohnes während einer Wanderung, die Ohrmuschel meiner Tochter durch ein Schneckenhaus zu ersetzen.

Und manchmal möchte ich gar nicht nachdenken und mich einfach überraschen lassen. Dann überlasse ich das Ganze ein wenig dem Zufall.

Von: s-ji

Du hast auch EBS probiert. Wie bist du zu dieser Technik gekommen und was macht sie so spannend für dich?

Erst kürzlich habe ich diese Technik entdeckt und sie passt zu der handwerklichen Seite, die ich weiter oben erwähnt habe. Ich habe mir gesagt Wow, ich muss ein Abdeckung die Hälfte meines Objektivs abdecken.(Ich hätte es natürlich auch kaufen können, aber das hätter weniger Spaß gemacht), dann muss ich den Film präzise umdrehen, auch wenn ich dafür Klebestreifen brauche.

Dann muss alles abgeglichen und in meinem Notizbuch vermerkt werden, sodass die doppelseitigen Fotos sich passend miteinander vermischen. Eine künstlerische und handwerkliche Herausforderung! Ich musste sehr genau arbeiten und mich anstrengen, das ist etwas sehr aufregendes!

Von: s-ji

Gibt es Geschichten hinter deinen Bildern oder geht es für dich mehr darum, das fertige Resultat zu entdecken?

Ich versuche wirklich Poesie in meine Bilder einfließen zu lassen, vielleicht scheint auch hier und da meine leichte Melancholie durch. Ich mag die Intensität, die von ihr ausgeht.

Mit EBS habe ich mehr auf geometrische Formen und Symmetrien zu fokussieren, aber eigentlich bevorzuge ich die natürliche Seite meiner Aufnahmen. Ich möchte über Symbiose und das "Reich des Lebens" sprechen, das das allzu restriktive "Tierreich" ablösen soll.

Von: s-ji

Du hast ein paar Lomography Filme getestet. Hast du einen Favoriten unter ihnen?

Als erstes habe ich den Berlin Kino getestet, dann die farbigen: LomoChrome Metropolis, LomoChrome Turquoise und den LomoChrome Purple im Mittelformat händisch umgespult für die alte UltraFex (es war großartig ihr dieses Facelift zu geben!)

Ich habe immer noch einen Turquoise vorrätig auf den ich mir sehr freue. Außerdem würde ich gerne den Fantôme Kino, Potsdam Kino und den Lady Grey ausprobieren. Im Moment sind meine Bilder überraschend farbenfroh, aber ursprünglich habe ich viel mehr Schwarzweiß fotografiert. Dahin möchte ich wieder zurückkehren.

Von: s-ji

Gibt es noch Experimente, die du gerne versuchen wollen würdest?

Es gibt ein paar Rezepte für Film Soups, die mich sehr interessieren, aber ich habe mich noch nicht herangewagt. Kürzlich habe ich auch eine Technik gesehen, mit der man Polaroids doppelt belichten kann, indem man nur die transparente Schicht belässt. Das ist ein Verfahren, das ich wirklich gerne ausprobieren würde, aber ich muss mich noch nicht entscheiden, eine Polaroidkamera zu kaufen.

Und dann habe ich noch nicht das Ende meiner Ideen für 35 mm Doppelbelichtungen erreicht. Ich kann noch eine Menge Spaß haben damit, kein Zweifel!


Wir möchten Stéphanie dafür danken, dass sie ihre Bilder und Geschichten mit uns geteilt hat! Besuche ihr LomoHome, um auf dem Laufenden zu bleiben.

geschrieben von sylvann am 2023-12-25 in #Kultur #Menschen #Orte

Lomography Lomochrome Purple XR 100-400 (120)

Die schrägste analoge Emulsion die es gibt - dieser Color Negative 120 Film funktioniert auf allen Mittelformatkameras, verändert das Farbspektrum und verleiht deiner ganzen Welt psychedelische Töne!

Ein Kommentar

  1. fotofreundin
    fotofreundin ·

    Vielen Dank für das Vorstellen dieser großartigen Künstlerin. Es sind beeindruckende Werke dabei. :)

Mehr interessante Artikel