Wir stellen vor: Menschen, Farben, Licht - Portraits von Annette Zer

Annette Zer kreiert, lebt und feiert in Berlin und sie fotografiert - hauptberuflich und auch gerne analog. Wie sie auf den Film gekommen ist und ihre Tipps und Tricks rund ums Fotografieren und kreative Arbeiten erfährst Du in diesem Artikel.

© Annette Zer | Model: @namastehannah

Wie hat Deine Reise mit der analogen Fotografie begonnen? Was bedeutet Analogfotografie für Dich?

Angefangen hat alles in England. Dort habe ich ein Jahr meines Studiums verbracht. Kurz nach meiner Ankunft ist meine kleine Digitalkamera kaputtgegangen. Zum Glück habe ich aber zeitgleich ein sehr kreatives Mädel kennengelernt- sie hat sich von Tanz und Malerei, bis hin zu Videografie und Fotografie, in allem ausprobiert. Also durfte ich ihre zweite Kamera leihen. Das hat mich so inspiriert, dass ich sehr schnell Lust bekommen habe, Menschen und Momente festzuhalten. Meine Mitbewohner mussten dann für ein Shooting herhalten, weil ich einen Austausch-Fotowettbewerb (und damit einen 20€ Amazon Gutschein) gewinnen wollte. Habe ich natürlich nicht...
Fotografie ist ein kleiner, winziger Moment, den man für immer eingefangen hat. Zur richtigen Zeit den Knopf zu drücken ist bis heute noch etwas sehr besonderes für mich. Wir können Dinge niederschreiben, in Worten festhalten oder beschreiben, aber ein Foto ist nochmal ein ganz anderer Einblick.

© Annette Zer | Models: @maevvo @marisa @leleberlin

Was inspiriert Dich?

Menschen zu beobachten inspiriert mich total. Und sie zu dokumentieren. Jeder Mensch ist so unterschiedlich und reagiert auf bestimmte Situationen ganz auf seine eigene Art. Und Farben. Farben und Licht ziehen mich magisch an und ich fange an, Geschichten mit Fotos zu kreieren.

Wir lieben Deine einzigartigen Kompositionen. Kannst Du uns mehr von Deinem kreativen Prozess erzählen? Wie entscheidest Du Dich für ein Motiv und die Komposition?

Manchmal sehe ich Bilder im Internet, Szenen in Filmen und Serien oder im Leben, die ich so, aber auf meine eigene Art, nachstellen möchte. Inspiriert interpretieren würde ich sagen. Dann überlege ich mir, wen ich mir dazu vorstellen könnte. Entweder Models, die ich bereits kenne oder welche, mit denen ich gerade in Kontakt stehe und sowieso das erste Projekt plane. Sobald die Location für ein Shooting steht und man erstmal vor Ort ist, kommt die Komposition ganz von alleine. Man sucht sich eine schöne Stelle und fängt an, zu shooten. Manchmal hilft auch ein Blick aufs Moodboard, bestimmte Momente zu erschaffen.

© Annette Zer | Models: @dianaboier @annaroiii

Welche Themen behandelst Du in Deiner Fotografie gerne?

Ich stelle vor allem oft und gerne den weiblichen Körper dar. Oft oben ohne oder noch weniger Kleidung. Die Frauen auf den Fotos sind jedoch nie sexuell dargestellt. Meistens strahlen sie unter anderem Stärke und Sinnlichkeit aus. Aber auch für alle möglichen Dokumentationen bin ich zu haben. Letztes Jahr habe ich meine Freundin Aurora beim kompletten Bau eines Holzbettes dokumentarisch behandelt. Der Lichteinfall durch die Fenster in der Halle war wunderschön und ich konnte eine schleifende Aurora mit fliegenden Sägespänen im Sonnenlicht fotografieren.

© Annette Zer | Models: @cnr2312 @loralio @iam.maya.e

Tipps wie man seine individuelle Stimme als Fotograf'in finden kann?

Ich glaube, das ist mitunter der anstrengendste und langwierigste Prozess als Fotograf'in. Und er hört nicht auf. Klar, weiß man irgendwann schon was man macht und findet seine Stärken, Vorlieben, seine eigenen Abläufe und Tricks. Aber die Ton der Stimme ändert sich mit der Zeit immer wieder. Mir hat es sehr geholfen, mit einigen Models und Künstlern sehr close und sehr häufig zu arbeiten. Dadurch hat man gemeinsam einen Stil oder eine Sprache gefunden, durch die gemeinsame Kreativität. Ansonsten kann ich nur raten, vieles auszuprobieren und dann das zu verfolgen, worauf man am meisten Bock hat.

© Annette Zer | Models: @cnr2312 @loralio

Hast Du ein Lieblingsfoto oder Motiv?

Auf ein Lieblingsfoto kann ich mich nicht festlegen. Aber eins meiner liebsten Fotos habe ich in Marokko 2019 geschossen. Darauf ist im Mittelpunkt ein umgefallener Karren zu sehen, aus dem ganz viele knallbunte Orangen rausrollen und auch schon auf der Straße verteilt sind. Man sieht einige Männer und verschwommene Hände, die bereits Orangen halten, zur Hilfe eilen. Es ist ein perfekter, ungestellter Moment im Leben.

Hast Du schon neue Projekte in Planung?

Ich plane eigentlich immer Projekte nebenbei. Natürlich ist es auch dieses Jahr schwierig, wirklich im Voraus zu planen, aber ich versuche schon, ein paar freie Projekte umzusetzen. Eventuell kann man dann die Bilder auch bei Magazinen einreichen.

© Annette Zer | Model: @josephine_joseph @ladykelsey

Zuguter letzt: Hast Du ein paar inspirierende Worte oder Tipps für unsere Leser?

Versucht, so oft wie möglich zu fotografieren. Dann kommt ihr in einen Flow und könnt bei jedem Shooting immer kreativer an Fotos, Perspektiven und Settings rangehen. Weil ihr beim fünften Shooting die Woche nicht direkt in die einfachste Perspektive reingeht (das habt ihr ja vorgestern und gestern schon gemacht), sondern ihr probiert direkt etwas neues aus. Verdreht euch mal, fotografiert dadurch aus einem ganz anderen Winkel oder schießt durch Stoffe oder Dinge durch. Oder ihr gebt dem Model Anweisungen für ganz außergewöhnliche, neue Posen. Dafür muss ein Shooting nicht lang sein. Nicht jeden Tag 5 Stunden. Kreative 30 Minuten sind manchmal noch bereichernder.

© Annette Zer | Model: @hanna.goldfisch @memovithana @chrishonninger

Vielen Dank an Annette, dass sie Ihre wundervollen Fotografien und Gedanken zur analogen Fotografie hier mit uns geteilt hat. Schau auf ihrem Instagram und ihrer Website vorbei und lass Dich inspirieren!

geschrieben von alinaxeniatroniarsky am 2021-02-27 in #Menschen

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