Zorki 10 – Sowjetischer Futurismus aus den 60ern

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Die Zorki 10 ist eine futuristisch anmutende Schönheit des Ostens. Für damalige Verhältnisse muss das neue Design und die technische Ausführung nahezu bahnbrechend gewesen sein. Besonders das Aussehen der Kamera fasziniert noch heute. Sehen wir sie uns mal genauer an.

Bildquelle

Allgemeines

Gebaut wurde die Zorki von 1964 bis 1978 bei KMZ in der ehemaligen Sowjetunion. Das Design selbst scheint teilweise von der Ricohmatik 35 abgekupfert zu sein. Sogar in Deutschland wurde die Zorki 10 als Revue 10 von Foto-Quelle vertrieben. Insgesamt wurden 330.000 Exemplare während der Produktionszeit hergestellt.

Hier die technischen Details im Überblick:

Anschluss: Fest verbautes Industriar 63 (45mm/2.8)
Bildformat: 24 × 36mm
Belichtungszeiten: 1/30 bis 1/250, B
Filmtransport: Schnellspannhebel
Filmwechsel: nach links ausklappbare Rückwand
Selbstauslöser: Mechanisch
Synchronisation: 1/30 Cold-Shoe, Blitzbuchse
Sucher: Messsucher links
Verschluss: Zentralverschluss
Belichtungsmesser: Selenzellen rund um das Objektiv und „trapped needle“ im Sucher
Empfindlichkeit: 20-320 GOST/ASA
Automatik: Vollautomatik
Dimension/Gewicht: 129 × 74 × 76mm, 750g

Die Kamera ist für ihre Größe ein ganz schön schweres Teil. Dies liegt aber an der stabilen Konstruktion. Einfach alles an dieser Kamera ist aus Metall! Weitere technische Details findet ihr hier.

Bedienung der Kamera

Die Bedienung bzw. die Bedienungsmöglichkeiten der Zorki 10 sind höchst eigenwillig. Man schaut durch den Sucher und fokussiert. Dies geschieht durch Drehen des Scharfeinstellringes. Währenddessen bewegt sich auf das sichtbare Bild im Sucher mit dem sog. Mischbildentfernungsmesser ein zweites grünlich aussehendes „Phantombild“ zu oder entfernt sich von diesem. Diese zweite Abbildung ist dabei kaum erkennbar, so dass man schon sehr genau gucken muss. Sind beide Abbildungen genau übereinander, also decken sich, dann ist das Bild richtig scharf gestellt. Allein dieser Vorgang bereitet (jedenfalls mir) Probleme und frisst kostbare Zeit, die man in gewissen Momenten nicht hat.
Desweiteren ist hier kritisch anzumerken, dass die kürzeste Entfernung zur Fokussierung gerade mal 1,5m beträgt. Christoph Hille kommentiert diese klar negative Eigenschaft in seinem Blog sehr nüchtern mit den Worten “in Russland ist halt Platz”. Für Nahfotografie, Makrofotografie oder Fotografieren auf engsten Raum wie etwa Partys ist die Kamera eindeutig nicht geeignet. Auch die Portraitfotografie erfährt bei der Zorki 10 klare Einschränkungen. Das Scharfstellen dauert zu lange (wenn man denn überhaupt was erkennt) und die Entfernungseinstellungen sind mit min. 1,5m definitiv nicht kurz genug. Außerdem hat die Kamera auf kürzeren Distanzen den bei Sucherkameras üblichen Parallaxenfehler. Fokussiert man richtig und hält den Mindestabstand ein, gelingen jedoch schöne Fotos.

Von: zorki

Architektur und Landschaften sind eher ihr Metier. Hier kann die Zorki 10 ihre Stärken ausspielen. Das recht lichtstarke fest eingebaute Industriar 63 (45mm/2.8) zeichnet dann auch knackscharf.

Von: zorki

Die Blendenautomatik der Kamera ist übrigens abschaltbar. Dazu muss lediglich der Blendenring von A auf eine beliebige Blende von 2,8 bis 22 gestellt werden. Allerdings schießt die Kamera dann nur noch bei 1/30s, sodass man die Blendenautomatik sowieso angeschaltet lässt. Die Abschaltung der Automatik empfiehlt sich daher nur, wenn man auch gleichzeitig die Kamera auf B (Bulb) für Langzeitbelichtungen stellt. Ein Stativgewinde ist vorhanden, jedoch fehlt mir persönlich dazu der Drahtauslöseranschluss.

Blitzfotos sind mit der Zorki 10 möglich, allerdings braucht ihr dazu ein passendes Synchronkabel, da der Blitzschuh nur eine einfache Halterung darstellt (sog. Cold Shoe).

Den Schnellspannhebel finde ich richtig gut und clever verbaut. Der befindet sich nämlich unten links an der Kamera. So kann man fotografieren ohne den Blick durch den Sucher zu verlieren. Bildüberlappungen, wie es bei manchen Sucherkameras häufiger der Fall ist (z. B. Lomo Smena Symbol) habe ich bisher nicht erlebt.

Auch ist mir aufgefallen, dass manche Fotos überbelichtet sind. Ich vermute das liegt am Selenbelichtungsmesser. Dieser funktioniert zwar unabhängig von Batterien, neigt jedoch mit den Jahrzehnten zu Ungenauigkeiten oder einem Totalausfall.

Von: zorki

Dieses Problem ist jedoch bei jedem Selenbelichtungsmesser unterschiedlich stark ausgeprägt. Manche funktionieren tadellos, manche sind nur noch okay und manche gehen gar nicht. Dies solltet ihr unbedingt vor einem Kauf prüfen oder nachfragen. Die Funktion lässt sich feststellen, wenn ihr die Kamera ins Licht haltet und die Hand auf das Objektiv legt und wieder wegnimmt. Schlägt die Nadel im Sucher dabei nach rechts aus? Dann funktioniert er! Wenn die Nadel manchmal nicht mehr richtig ausschlägt, nehmt es der Kamera nicht übel. Ich meine “Hey!”, die meisten Modelle sind weit über 40 Jahre alt! Ich bin sehr gespannt welche Digitalkamera nach 40 Jahren noch tadellos funktionieren wird.

Kauf einer Zorki 10:

Bei Ebay findet man die Zorki 10 relativ häufig. Auch unter dem Suchbegriff Revue 10 wird man mit praktisch derselben Kamera fündig. Teuer ist sie nicht. Viel Geld würde ich ehrlich gesagt auch niemals hierfür ausgeben.

Neben dem bereits eben gesagten evtl. Problem mit dem Belichtungsmesser solltet ihr vor einem Kauf auch den Selbstauslöser unter die Lupe nehmen. Mit den Jahren kann dieser verharzen und nicht mehr richtig funktionieren.

Weitere Fotos von anderen Lomographen:

Von: kuziavlad, elena-139, magicbus, red_constructor, tumbler, alexander_krolikowski, gauthierdumonde, lomoeugenio & saltyoak

Fazit:

Die Zorki 10 gefällt mir und gefällt mir nicht. Die Bedienung ist zeitaufwändig und regelrecht anstrengend. Außerdem ist sie nur für wenige fotografische Gebiete gut brauchbar. Auf der anderen Seite macht das Fotografieren mit ihr Spaß, wenn man sich die Zeit dafür nimmt. Außerdem ist sie durch ihr besonderes futuristisches Design ein echter Eyecatcher in der Kamerasammlung. Die Blicke von Freunden und Passanten sind euch sicher! Wenn ihr ein gut funktionierendes Modell auf dem Flohmarkt oder im Internet für wenig Geld findet, greift ruhig zu!

Eine fantastische Bedienungsanleitung zur Zorki 10 findet ihr übrigens hier.

geschrieben von zorki am 2012-12-19 in #Ausrüstung #rangefinder #review #zorki #sucherkamera #kmz #blendenautomatik #messucher #zorki10 #russische-sucherkamera

4 Kommentare

  1. freakoftheweek
    freakoftheweek ·

    Sehr schön geschriebener Artikel, bin schon total gespannt auf meine ersten Zorki 10 Fotos.

  2. yago56
    yago56 ·

    Für ein damaliges Ostprodukt schon ein sehr gewagtes Design. Als Eyecatcher macht sie sich bestimmt gut in der Sammlung.
    Mit den Einschränungen kann man leben, zumal der geneigte Fotograf in der Regel noch diverse Werkzeuge in petto hat :-)))

  3. fotohelmut
    fotohelmut ·

    Sehr interessant und der Hinweis auf die Seite von Guido Studer wird viel Lesezeit beanspruchen.

  4. zorki
    zorki ·

    @fotohelmut: Ja, die Seite von Guido Studer ist für mich DAS Nachschlagewerk, wenn man sich über Zenit Kameras oder Zorkis belesen will. Viel Spaß beim Stöbern! ;-)

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