Ihagee Exa 1c – eine etwas ungewöhnliche Spiegelreflex

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Ein Trödelmarktfund aus Brandenburg. Meine Exa 1c. Eine etwas weniger beliebte Kamera aus einer stolzen Familie. Ich mag sie aber sehr!

Als letzte Kamera der Exa 1-Reihe kam die 1c 1985 auf den Markt. Sie hat viel mit ihrer Vorgängerin 1b gemeinsam, so zum Beispiel auch das M42-Gewinde für das Objektiv. Beliebter ist wohl die 1b, da sie noch etwas wertiger aussieht als die 1c, die mit ihrem Überangebot an Plastik schon ein bißchen traurig dreinschaut. Mir stellte sich diese Auswahl allerdings nicht, die 1c begegnete mir auf einem Trödelmarkt in Brandenburg, eine 1b lag nicht daneben, die 1c war vom Preis her absolut in Ordnung und eine Rheinmetall Perfekta gab es auch noch dazu. So war die Entscheidung schnell gefallen, und das, obwohl ich die Kameras zwar wohl schon mal irgendwo gesehen, mich aber nie so richtig dafür interessiert hatte.

Was mir von der ersten Sekunde an gefallen hat (und weswegen die Exa unbedingt mit musste) ist der Lichtschachtsucher. Den kenne und liebe ich schon von meinen Lubitels – an einer Kleinbildkamera hatte ich sowas aber noch nicht! Und ich muss euch sagen: Spannende Sache! Da die Exa mit einer Springblende ausgerüstet ist (wenn das Objektiv dies unterstützt), ist das Sucherbild so hell und klar, dass unwissende Passanten sich wundern, warum diese Digicam ihr Display auf der Oberseite hat. Man kann das Foto im Sucher sehr gut komponieren und hat, wenn man den Auslöser halb durchdrückt, schon mal eine tolle Vorschau auf die zu erwartende Tiefenschärfe. Noch ein Vorteil: Mit einer Lubitel erregt man in irgendeiner Weise immer noch Aufsehen bei der Street Photography. Wenn die Leute schon nicht mitkriegen, dass man gerade Fotos macht, dann ist so ein Kasten wie die Lubi trotzdem immer noch auffällig. Die Exa dagegen erregt null Verdacht, denn sie wird sofort als Kamera identifiziert, aber auch (weil vor der Brust baumelnd) als ungefährlich eingeschätzt. Einziger Nachteil des Lichtschachtsuchers: Man wird weitgehend aufs Querformat festgelegt sein, Hochformat geht zur Not auch mal, ist aber ganz schön unergonomisch und man muß stark umdenken. Aber auch kein Problem: Man kann den Lichtschacht mit zwei Handgriffen gegen einen Prismeneinsatz tauschen. Den hab ich allerdings noch nicht. Außer fürs Hochformat sehe ich bisher auch keinen Grund, auf den Lichtschacht zu verzichten. Ein Tipp: Wenn ihr eine Exa besichtigt, der Sucher ist aber dunkel, dann ist entweder die Verschlusskappe noch drauf (wie peinlich!) oder der Verschluss ist noch nicht aufgezogen. Wenn ihr nämlich ein Bild macht, schnappt der Spiegel hoch und bleibt dort, bis der Film weitergespult wird. Billig? Rückständig? Erzählt das mal den Hasselblad-Fans… ;-)

Im Titel habe ich bereits erwähnt, dass die Exa etwas ungewöhnlich ist. Und das bezog sich nicht nur auf den Sucher! Nein, schon beim Einlegen des Filmes geht es los. Wer normale Spiegelreflex-Kameras gewohnt ist, versucht instinktiv erstmal, an der Rückspulkurbel nach oben zu ziehen. Tut sich aber nichts. Bei der weiteren Suche entdeckt man dann früher oder später die Verriegelung auf der Unterseite. Diese aufdrehen… und…. nein, keine Sorge, die Kamera ist nicht kaputt, man nimmt tatsächlich die ganze Rückseite ab! Guckt beim Gebrauchtkauf direkt mal nach, ob die Spule in der rechten Kammer, auf die der Film aufgespult wird, noch da ist, die braucht ihr! Bekommt man aber zur Not auch nachgekauft. Die nächste Ungewöhnlichkeit findet sich links unterhalb des Lichtschachtes. Da hat man doch tatsächlich eine Sperre für den Auslöser untergebracht! Seht ihr also den roten Punkt, dann nicht wie blöde auf dem Auslöser rumdrücken, sondern einfach nur den kleinen Hebel umlegen und schon könnt ihr auslösen. Wenn ihr den entsprechenden Knopf denn schon gefunden habt! Nee, der rechts oben ist es nicht. Da sitzt nur die Sperre fürs Zurückspulen. Auf der Vorderseite ist er! Und dann auch noch links! Das kannte ich so auch noch nicht.

Eine letzte Absonderlichkeit gibt es noch: Die Verschlusszeiten. Die hören nämlich schon bei 1/175sec auf. Sehr, sehr wenig für eine ja noch gar nicht so alte Spiegelreflex, die deutlich älteren Zenits gehen immerhin schon bis 1/500. Das liegt aber an dem im Vergleich zur großen Schwester Exakta deutlich einfacheren und billigeren Verschluss, wo der Spiegel einen Teil der Arbeit übernehmen muss. Lässt sich nicht ändern, muss man halt ein bisschen mehr auf die Wahl seiner Filme achten und im Zweifel halt stärker abblenden. Hat mich bisher aber noch nicht so sehr gestört, auch wenn man manchmal auf ein bisschen Hintergrundunschärfe verzichten muss. Ein kurzes Wort noch zu den Objektiven: In meinem Fall war ein Pentacon 1,8/50mm montiert. Nicht High-End, aber durchaus tauglich. Und dank M42 passen ja super viele Objektive drauf, viele von euch haben sicher schon sowas im Regal. Eine Einschränkung: Längere Brennweiten (je nach Quelle 100mm, 135mm oder sogar 200mm) sollen nicht so gut funktionieren, da es dann Abschattungen durch den Spiegel geben kann. Hab ich allerdings noch nicht probiert.

So, was kann sie denn, die Exa? In Brandenburg hatte ich sie gekauft, und dort (und in Berlin) musste sie natürlich auch sofort getestet werden. Und schon der erste Film hat meine Erwartungen vollends erfüllt! Und das Arbeiten mit ihr macht richtig Spaß. Aber seht selbst:

Von: marcel2cv

Wieder zuhause, nachdem ich gesehen hatte, wie gut sie funktioniert, musste die Exa natürlich sehr bald wieder ran. Und auch da hat sie sich gut bewährt!

Von: marcel2cv

Und natürlich durfte sie auch im nächsten Urlaub nicht fehlen. Für die unglaubliche Weite in St.Peter-Ording war das Querformat genau richtig!

Von: marcel2cv

Das war’s erstmal von mir, vielen Dank fürs Lesen! Und vielleicht gebt ihr ja auch einer heimatlosen Exa eine Chance. Sie ist es definitiv wert. :-)

geschrieben von marcel2cv am 2013-01-30 in #Ausrüstung #review #ddr #kleinbild #lichtschacht #ihagee-exa-1c #spiegelreflex

14 Kommentare

  1. thejomi
    thejomi ·

    Wie immer ein toller Artikel. Tolle Infos zum Sucher und der Bedienung. Bin schon oft in der Bucht über diese Kameras gestolpert, konnte mich aber noch nie dazu durchringen mehr als nen zehner dafür abzudrücken. Ich werde die Augen weiter offen halten, vielleicht ergibt sich ein Schnäppchen.

  2. marcel2cv
    marcel2cv ·

    @thejomi: Danke! :-) Wird sich schon finden lassen. Und teuer werden die echt selten...

  3. fotohelmut
    fotohelmut ·

    Das Lesen dieses Artikels macht richtig Spass darauf, die Kameravitrine mal wieder auszuräumen.
    Vielen Dank für die "Vorfreude".

  4. marcel2cv
    marcel2cv ·

    @fotohelmut: Vielen Dank, zuviel der Ehre! Dann schreib mal was über Dein Kameraregal, da sind doch sicher auch Schätze beheimatet! :-)

  5. brommi
    brommi ·

    Schöner artikel, noch schönere fotos und soo eine tolle kamera! I ♥ EXA :)

  6. zorki
    zorki ·

    Hm, die Kamera finde ich auch interessant. Gibt es bei ihr gewisse Schwachstellen, die man vor einem Kauf prüfen sollte?
    Was mir gar nicht an der Kamera gefällt ist die schnellste Verschlusszeit. Bei 1/175s fallen im Prinzip alle Teles weg, soweit man kein Stativ zur Hand hat...

  7. marcel2cv
    marcel2cv ·

    @zorki: Bisher sind mir keine Schwachstellen begegnet... Wenn Dir die Zeit zu langsam ist, könnte die größere Schwester Exakta eher was für Dich sein. Ein Tele macht bei der Exa ja eh nicht so viel Sinn (siehe oben). ;-)

  8. caroni
    caroni ·

    schönes review und tolle bilder. ich habe eine exa 1a und eine 1b. bin auch sehr zufrieden. es freut mich bei jedem auslösen dieses schwere KLACK zu hören.

  9. vicuna
    vicuna ·

    Toller Artikel, tolle Kamera! :)

  10. imbaaa
    imbaaa ·

    huhu, tolles review! habe selber eine nagelneue exa 1a! leider noch nicht benutzt, obwohl ich mittlerweile ein film eingelegt :D ich faule sau..... benutze ständig die bequeme lca :D

  11. ak-photography
    ak-photography ·

    Danke für das tolle Review. Hab diese Kamera jetzt von meinem Paps vermacht bekommen und werde asap einen Film dafür besorgen und meine ersten Gehversuche damit machen. Mein Paps sucht noch das Weitwinkelobjektiv dafür raus und schickt es mir dann zusammen mit dem Blitzgerät.

    Die Fotos, die Du hier gezeigt hast, sind vielversprechend und ich hoffe, dass ich vielleicht ähnliche Ergebnisse erreichen kann.... Auf jeden Fall hast Du mir mit dem Review sehr weitergeholfen.

    Liebst,
    Annie

  12. phototrash71
    phototrash71 ·

    Habe seit neuesten die EXA 1b. Ein wahrer DDR Panzer von Kamera. Das originale 50mm 1:2.8 und auf einem Trödelmarkt noch 2 Objektive von Petacon mit 135 u. 200mm gefunden. Das muss ich alles noch dringend testen. Meiner EXA 1b habe ich die Mattscheibe mit Schnittbildindikator aus einem Prismensucher in dem Lichtschahtsucher spendiert. Das Fokussieren ist so traumhaft mit der Lupe. Das sind Kameras die einem Freude bereiten.

  13. marcel2cv
    marcel2cv ·

    @phototrash71 Das 135er Pentacon ist ein tolles Portraitobjektiv! Und, je nach Lamellenanzahl, auch toll fürs Bokeh!

  14. chrislimpio
    chrislimpio ·

    Danke für den beitrag!

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