Mein erstes Mal Cannes: Antonio Costello und das New Petzval 58
1 Share TweetZum mittlerweile 76. Mal starteten Dienstagabend feierlich die Filmfestspiele von Cannes. Jahr für Jahr treffen sich hier die wichtigsten Vertreter der Filmbranche, um die neuesten Produktionen des internationalen Kinos unter die Lupe zu nehmen. Aber Cannes ist weit mehr als eine reine Huldigung ans gehobene Kino. Es ist eine glanzvolle Welt voller exklusiver Partys, teuren Restaurants und schicken Kleidern. Auch alle jene, die nicht zur High Society gehören, versuchen in den zwei Wochen ihr Glück. Der gebürtige Kolumbianer und Wahlberliner Antonio Castello hat sich mit dem New Petzval 58 beide Seiten angesehen und ist eingetaucht in einen wahrlich faszinierenden Kosmos.
"Der Teppich wird jeden Tag gewechselt!", wiederholten wir mehr als einmal in den heißen Nächten, in denen uns das Wetter vor den Abendvorstellungen plagte, während wir in einem der teuren französischen oder italienischen Restaurants speisten. 2022 durfte ich die Filmfestspiele von Cannes zum ersten Mal mit meiner Kamera begleiten. Es war dieser Satz, der den Journalisten und Kritikern, welche mit mir dort waren, wohl am meisten in Erinnerung blieb: Der rote Teppich wird nicht jeden Morgen gesaugt oder gereinigt, der Teppich wird jeden Tag getauscht! Ein Teppich, auf dem sich täglich die Hitze staut und die Fotografen, Regisseure, Produzenten, Schauspieler und Prominente aufeinandertreffen, welche zur Premiere des Tages geladen sind.
Es ist nicht ganz einfach, das Phänomen der Filmfestspiele von Cannes zu erklären. Aus irgendeinem Grund, der sich immer noch meiner Kenntnis entzieht, ist das Cannes Filmfestival heißgeliebt und zählt für viele als das Bedeutendste in ganz Europa! Es ist wichtig, weil sich hier in dieser kleinen Küstenstadt großartige Filme und Filmpersönlichkeiten einmal im Jahr versammeln. Es ist auch wichtig, weil nach 75 Ausgaben die Goldene Palme noch immer über Ruhm von Schauspielerinnen und Schauspielern, Regisseur:innen, Produzenten und Studios entscheiden kann oder zumindest für ein beträchtliches Vermögen sorgt.
Es ist nahezu unmöglich, als Teil der Filmfestspiele von Cannes die harten Kontraste dieser Welt zu übersehen. Luxusautos, schick gekleidete Damen in edlen Schuhen, Pärchen, die in teuren Restaurants dinieren sowie schöne Menschen en masse, die sich auf den zahlreichen Cocktailpartys rumtummeln. Das ist die eine Seite von Cannes. Auf der anderen Seite stehen unterbezahlte Journalisten und freischaffende Fotografen in gemieteter Abendrobe im Kampf um das beste Foto. Kinofreunde, die sich mit Sandwichs aus dem Supermarkt begnügen und afrikanische Immigranten, die versuchen etwas zu verkaufen, in diesem sprudelnden Fluss an Egos und Träumen. Tag und Nacht lässt sich hier über das menschliche Dasein staunen.
Aber wie konnte so eine kleine Stadt, mit ihren engen Straßen und überzogenen Preisen zum Mekka des europäischen Kinos werden? Es wundert mich bis heute und nach vielem Grübeln habe ich das Faszinierende, nahezu süchtig machende, an Cannes gefunden - es sind die Filme! Im Unterschied zu den Oscars zeigt Cannes innerhalb von zwei Wochen hunderte von Filmen, die für jeden Liebhaber zugänglich sind. Der markanteste Unterschied zu den Internationalen Filmfestspielen in Berlin? Die Filme, die in Cannes Premiere feiern und die Persönlichkeiten, die hier den roten Teppich entlang schreiten, begeistern Millionen. Und Venedig? Nun gut, obwohl das Filmfestival von Venedig als das weltweit älteste gilt, kann es Cannes nicht das Wasser reichen. Umschlossen von exklusiven Villen auf den Hügeln der Stadt, unberührten Gewässern und den weißen Stränden der Französischen Rivera erlebt man hier den reinsten Luxus verglichen mit dem sumpfigen Wasser, das die italienische Hafenstadt konstant überflutet.
Und dann, am Ende des Tages, wenn du nicht mehr im Kino sitzt, die Filme gezeigt und der Teppich wieder eingerollt wurde. Dann öffnen sich die Tore zu hunderten von edlen Restaurants, Privatparties in Villen und auf Booten und versteckten Untergrundclubs - für alle die, die das Glück haben, eingeladen worden zu sein. Der Champagner sprudelt in Strömen, französischer Wein in allen Farben und Cocktails jeglicher Art werden serviert. Die berühmte Schauspielerin tanzt mit dem einfachen Kabelträger, die reichen Produzenten plaudern über Geschäftliches und die gewöhnlichen Leute mischen sich unter die Stars während sie gemeinsam den Sonnenaufgang beobachten.
Mein erstes Mal am Cannes Film Festival, war wie für jeden Jungen eine verwirrende, spezielle, amüsante und ein wenig frustrierende Erfahrung. Mehr als alles andere, bedeutete es jedoch Stunden vor der großen Leinwand zu verbringen und die besten Filme der Welt zu genießen. Ich weiß nicht, ob wieder zurückkomme. Aber wenn, dann sucht mich nicht am Strand oder in den schicken Gourmet Restaurants, denn ziemlich sicher bin ich im Kino.
Wenn du mehr von Antonios Arbeiten sehen möchtest, dann besuche sein Lomohome oder folge ihm auf Instagram.
geschrieben von ckolter am 2023-05-17 in #Ausrüstung #Kultur #Menschen #lomography #objektiv #art-lenses
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