MAKEMAKE’s Unisono – die Faszination des Einklangs eingefangen mit dem Diana Multi Pinhole Operator
Share TweetUnisono bedeutet "gleichzeitiges Auftreten" - etwas, das uns auch aus der Fotografie bekannt ist, wo das Zusammenspiel von richtigem Timing und den richtigen Werkzeugen ebenfalls eine entscheidende Rolle spielt. Unter diesem Titel präsentiert das seit 2011 bestehende Wiener Künstlerkollektiv makemake produktionen seine neue Show, die am 3. März im WUK in Wien Premiere feierte.
Wir hatten das Vergnügen die Artists bei einer Probe mit dem Diana Multi Pinhole Operator zu begleiten, um zu erfahren in welcher Beziehung, Koordination und Synchronität miteinander stehen. Durch das Verwenden der Pinhole - Technik wollten wir dabei mit der Kraft der Verzerrung spielen. Zwar hätte man mit dem Verwenden einer gewöhnlichen Kamera die Gleichmäßigkeit in den synchronen Bewegungen exakter wiedergeben können, aber für uns war es mehr von Interesse, durch eine längere Belichtungszeit die Vielfalt in der Wiederholung sichtbar zu machen.
Die Show hinterfragt die Grenzen und Konzepte von Wiederholung, Betonung und Synchronität, um uns vor Augen zu führen, wie sehr wir uns an Routineabläufe gewöhnt haben. Dazu haben wir der Dramaturgin Anita Buchart, der Bühnen- und Kostümbildnerin Nanna Neudeck und der Choreografin Martina Rösler ein paar Fragen zu ihren Erfahrungen und Wahrnehmungen gestellt.

In eurem Manifest skizziert ihr, wie eure Arbeit als Kollektiv Inspiration in anderen Kunstformen wie Literatur, Musik und Choreografie und besonders der bildenden Kunst schöpft. Welche Beziehung oder Ähnlichkeiten seht ihr zwischen analoger Fotografie und der Tanzperformance?
Nanna Neudeck: Wenn ich mir die langjährige Beziehung zwischen analoger Fotografie/Film und Tanz anschaue, fällt mir sofort die amerikanische Tänzerin Loie Fuller und ihr Stück Serpentine Dance ein. In mehreren Shows experimentierte Fuller mit einem langen Rock, choreografierte seine Bewegungen und spielte mit der Art und Weise, wie er Licht reflektieren konnte. Besonders faszinierend ist es zu sehen, dass visuelle Elemente wie Kostüme und Beleuchtung für die Entwicklung von Fullers Tanz zu einer Zeit so wichtig wurden, als Farbfilm und Fotografie noch eine recht junge, aber stark aufstrebende Erfindung waren. Fuller wurde zur Galionsfigur der Art Noveau Bewegung und oft mit dem Symbolismus in Verbindung gebracht, da ihr Schaffen als perfektes Wechselspiel von Idee und Symbol galt. Gleichzeitig dient dieser Tanz auch als perfektes Beispiel dafür, wie sich Live-Performance und Dokumententation gegenseitig ergänzen und bereichern.
Als Titel für eure Performance habt ihr Unisono gewählt, ein Wort, das sowohl im Tanz als auch in der Musik verwendet wird. Es beschreibt die Synchronität der Bewegungen. Was ist für euch eine angemessene Dosis an Unisono im Leben?
Anita Buchart: Wir denken, dass es nicht um die Menge geht, sondern viel mehr um den Kontext, in dem man sich entscheidet, in einem Unisono-Zustand des Geistes oder des Körpers zu wirken oder sein. Es ist ein ständiger Prozess, sich zu fragen, ob man Teil einer bestimmten Gruppe sein will. Leider lässt sich diese Frage nicht immer endgültig klären, was aber auch ein Vorteil ist, da es immer neue Möglichkeiten schaffen kann.
Martina Rösler: Die Synchronität der Bewegung erleben wir jeden Tag, wenn wir z.B. in einen Bus einsteigen, eine Straße überqueren, eine Yogastunde machen, aber auch, wenn wir gemeinsam mit Menschen auf einer Demonstration marschieren. Der Begriff unisono kann bedeuten in dasselbe zu glauben - sich miteinander zu verbinden ist immer auch eine politische Frage.
Der Betrachter wird eingeladen, über die Aspekte des Lebens nachzudenken, an die wir uns auf einer gewissen Ebene gewöhnt haben. Wo oder wie kann man eurer Meinung nach ein anderes Tempo finden?
Martina Rösler: Es geht wohl darum, sich seiner Routinen bewusst zu werden, standardisierte Abläufe zu erkennen, sie zu reflektieren, zu verändern, aufzubrechen. Den Raum an Möglichkeiten, den wir beim Schaffen von Performance/Theaterarbeit genießen, mit dem Publikum zu teilen, ist einer der spannendsten Momente am Ende eines Arbeitsprozesses.
Ihr habt mit verschiedenen Gruppen zusammengearbeitet, während das Fundament von Unisono entstanden ist, z.B. mit Schulen, Schriftstellern und Musikern. Wer von ihnen hatte den größten Einfluss auf euch während der Produktion?
Anita Buchart: Sie alle hatten auf unterschiedliche Weise Einfluss auf uns. Die Tatsache, dass wir immer verschiedene Experten einladen, sich unserem Team zeitweise anzuschließen, ist ein Kernpunkt unseres Arbeitsstils für die Entwicklung der kollektiven MakeMake-Produktionen. Das macht die kreative Arbeit leichter und schwieriger zugleich. Es ist einfacher, viele Ideen auf dem Tisch zu haben und schwieriger, sie auf eine wesentliche Aussage zu komprimieren.
Martina Rösler: Diesmal war der Ausgangspunkt eindeutig die Bewegung. Text und Musik sind aus den Bewegungen heraus entstanden. Die jungen Leute, die wir eingeladen hatten, mit uns in einem Forschungsworkshop zusammenzuarbeiten, teilten ihre Fragen und Interessen in Bezug auf unser Thema. So haben alle Beteiligten Denkprozesse geteilt, die das Stück auf eine bestimmte Art und Weise geformt haben.
Die mathematische Kadenz des Tanzes versetzt uns in einen tranceartigen Zustand und hypnotisiert uns. Kann die Aufführung als Entzauberung wirken und den Zuschauer zu einem neuen Bewusstsein führen?
Anita Buchart: Wir glauben, dass sie das kann. Vor allem, weil wir keine Antworten geben, sondern Fragen stellen und das Publikum selbst nach möglichen Antworten suchen kann. Beim Betrachten eines Performancestücks hat man Zeit zum Nachdenken, ohne produktiv sein zu müssen - etwas, das im Alltag verloren gehen kann.
Martina Rösler: Die choreografischen Partituren und Strukturen spielen mit Wiederholungen, Dauer, verschiedenen Rhythmen, formalen Bewegungen und einer eher undefinierten, chaotischen Körpersprache. Der Wechsel zwischen konkreten und abstrakteren Bildern gibt dem Zuschauer Raum für Interpretationen. Es gibt Gelegenheiten, einzutauchen und die Gleichzeitigkeit oder Verschmelzung von Körpern zu genießen. Dabei kommt es jedoch immer wieder zu unerwarteten Szenenwechseln. Die sehr unterschiedlichen Teile des Stücks spiegeln Aspekte von "unisono" wider und machen die Ambivalenz sichtbar.
Wenn du in Wien bist, hast du noch heute, dem 6. März, Gelegenheit dir diese Show im WUK anzusehen. Alle Infos zur Show findest du hier
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