Die Entdeckung der analogen Welt: Dylan Overhouse und seine Diana F+

Es klingt abgedroschen, aber "kultig" ist wohl das beste Wort, um die Diana F+ zu beschreiben. Für viele ist sie seit jeher ein treuer Begleiter im analogen Alltag, da sie nicht nur eine Reihe an kreativen Einstellungsmöglichkeiten bietet, sondern auch Einsteiger:innen einen günstigen Weg in die Filmfotografie ermöglicht. So war es auch für den Filmemacher und Fotografen Dylan Overhouse. Er bekam die Diana F+ zu Beginn der Pandemie von seinem Onkel geschenkt- seine erste analoge Kamera.

Jetzt, drei Jahre später, sprechen wir mit ihm über seine persönliche Reise mit der Kamera. Er nimmt uns mit in eine oft übersehene, aber traumhafte Gegend im Südwesten von Wisconsin und präsemtiert uns die Landschaft mit dem typischen Charme seiner Kultkamera.

Von: dylanoverhouse

Hallo, kannst du dich bitte vorstellen und uns erzählen, wie du zur Filmfotografie gekommen bist?

Mein Name ist Dylan Overhouse, ich bin Filmemacher und Fotograf und wohne in La Crosse, Wisconsin. Zu Beginn der Pandemie, im März 2020, schickte mir mein Onkel eine Nachricht, dass er eine Filmkameraausrüstung herumliegen hätte und ob ich Interesse daran habe. Da ich keine Ahnung hatte, worauf ich mich einlassen würde, sagte ich natürlich zu. Eine Woche später hielt ich ein Paket mit einem Diana F+ Kit in den Händen. Mit dabei waren auch verschiedene Objektive und Adapter, die ich jetzt, drei Jahre später, immer noch für mich entdecke.

Ich fing bei Null an. Also bestellte ich die gesamte Ausrüstung und Chemikalien sowie einige Kodak-Schwarzweißfilme und begann in meiner kleinen Wohnung mit dem Entwickeln. Voll motiviert habe ich die erste Rolle belichtet. Zuhause angekommen kam jedoch die Ernüchtertung - es war nichts zu sehen. Ein völlig leerer Film. Ich war ziemlich niedergeschlagen, aber daraufhin noch mehr entschlossen, es richtig zu machen. Bei meiner zweiten Rolle entwickelte ich meine ersten 120-Film-Bilder, die ich mit der Diana und dem 38-mm-Superweitwinkelobjektiv gemacht hatte. Einige dieser Fotos ziehen die Leute auch heute noch an. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass einige meiner ersten Versuche die Zeit überdauert haben. Von da an begann ich, verschiedene Objektive zu testen und meine Ergebnisse zu dokumentieren. Schnell wechselte ich auch zum Farbfilm über und erlernte den C41-Entwicklungsprozess. Erst im Jahr 2021 begann ich mit dem 35-mm-Rückteil zu fotografieren, mit dem ich heute am häufigsten arbeite.

Welche Ausrüstung verwendest du normalerweise und was ist dein bevorzugtes Equipment?

Normalerweise habe ich immer drei meiner Kameras geladen: meine Diana F+, die Nikon FE, eine Nikon FE2 oder meine Canon AE1. Ich fotografiere hauptsächlich im Kleinbildformat. Mit meiner Diana habe ich vor kurzem Kodak Ultra Max 400 verwendet, von dem ich beeindruckt war. Ich hätte nicht gedacht, dass mir der Film auf Anhieb so gefallen würde, aber die kräftigen Farben harmonieren wunderbar mit der Ästhetik der Diana. Bei den anderen habe ich gerne etwas Experimentelles wie den LomoChrome Purple geladen, ansonsten reicht mir Kodak Gold 200 für meine Alltagsfotos. Das Leben ist voller Überraschungen, da ist es gut, wenn man vorbereitet ist.

Eines der ersten Fotos, die Dylan gemacht hat & sowie ein Leitfaden aus der Zeit, als er mit der Diana F+ zu fotografieren begann

Wie ist es, in deiner Gegend zu fotografieren?

Ich lebe in einem Teil des südwestlichen Wisconsin (USA), der als "Driftless Region" bekannt ist. Diese Region im Mittleren Westen war nie von der letzten Eiszeit betroffen, daher bin ich von steilen Klippen, dichten Wäldern, Flüssen und Seen umgeben. Es ergeben sich dadurch nicht nur unendlich viele Möglichkeiten für ausdrucksstarke Landschaftsfotos, wir haben auch jede Menge Ackerland und eine reichhaltige Geschichte. Ich liebe die Natur hier, und es ist schwer, sie zu ignorieren, aber ich neige dazu, Verlassenheit, Einsamkeit und Geschichte zu dokumentieren. Die Menschen in Wisconsin, die allgemein als nett gelten, teilen auch eine gemeinsame Einsamkeit, die auf die langen, dunklen, kalten Winter und die damit einhergehende Isolation zurückzuführen ist. Ich versuche diesen Umstand in vielen meiner Bilder aufzugreifen, insbesondere mit meiner Streetphotography.

In meiner Gegend ist es im Allgemeinen ruhig, wenn ich fotografiere. Die Straßen sind nicht überfüllt und es gibt keine größeren Flughäfen oder Sehenswürdigkeiten im Umkreis von ein paar Stunden. Es bleibt also in der Regel ziemlich entspannt und die Menschen freundlich. Natürlich ist es hilfreich, dass ich aus der Gegend komme und weiß, was ich tun kann und was nicht. Ich kenne die Plätze und wenn ich von den Dreharbeiten in der Stadt ausgebrannt bin, setze ich mich einfach ins Auto und fahre in die nahegelegenen Täler, oder mache mit einem Freund einen Roadtrip durch andere kleine Städte.

Wie fühlen sich die Menschen in deiner Gegend, wenn man sie fotografieren will, und wie wichtig ist es für dich, diesen Teil der Welt zu dokumentieren?

Die Menschen sind im Allgemeinen recht aufgeschlossen und freundlich, können aber anfangs auch schüchtern sein. Wenn ich jemanden anhalten und fotografieren möchte, erhalte ich eine Reihe von Reaktionen, die von Verwirrung über Neugier und Schmeichelei bis hin zu Gleichgültigkeit reichen. Ich glaube, das hängt zum großen Teil auch davon ab, wie ich mich ihnen nähere oder welche Ausrüstung ich benutze. Bei größeren Objektiven und Digitalkameras fühlen sich die Leute eher eingeschüchtert, bei der Diana sind sie entweder neugierig oder nehmen mich überhaupt nicht ernst. Ähnlich reagieren die Menschen auch bei einer normalen 35mm Kamera, entweder sie sind ziemlich neugierig oder neutral. Normalerweise versuche ich nur, den Moment so einzufangen, wie er ist und weiterzugehen. Da ich die Zeit der Leute nicht vergeuden will, mache ich meistens einfach nur das Bild oder gehe auf soziale Hinweise wie Körpersprache oder ihren Gesichtsausdruck ein. Es passiert natürlich ab und zu, dass jemand einfach keinen guten Tag hat oder nicht möchte, dass man ihn fotografiert.

Für mich ist es wichtig, die Welt so zu dokumentieren, wie man sie sieht - egal wo man ist. Ich halte mich zufällig in diesem Teil der Welt auf, wo wir lange, dunkle Winter mit kurzen Tagen haben. Hier winken dir die Leute zu, wenn du an ihnen vorbeifährst, halten Fremden die Türe auf oder gehen einfach ihrem ganz normalen Leben nach. Aber wenn man sich all dem nähert, merkt man, dass diese Leute super interessant sind und mit der ganzen Geschichte der Gegend und der Einsamkeit, wie ich schon sagte, kommen starke Geschichten dabei heraus.

Von: dylanoverhouse

Wie würdest du deinen Fotostil beschreiben?

Entschlossen und bewusst. Es ist schwierig, mich auf einen Stil festzulegen, wenn es so viele verschiedene Dinge gibt, die man mit einer Kamera machen kann. Ich genieße es, immer etwas Neues zu sehen oder auszuprobieren. Insgesamt sind meine Fotos "eine Studie in Einfachheit mit klarer Intention, voll von Aufmerksamkeit für Komposition, Farbe und Licht."

Wie wirkt sich deine Arbeit als Filmemacher auf deinen Fotostil und das, was du einfangen willst, aus?

Ich versuche mir meine Videos als eine Reihe von aussagekräftigen Bildern vorzustellen, denn genau das sollten sie sein. Sie sollten gut aussehen und eine Geschichte erzählen. Wenn ich unterwegs bin, um Fotos zu machen, bin ich oft wie ein Locationscout, der kleine, interessante Szenen in der Welt auswählt und sie für später dokumentiert. Beide Bereiche meines Lebens inspirieren einander immer wieder. Erst als ich anfing auf Film zu fotografieren, begann ich die weicheren, verträumten Bilder zu schätzen, die ich mit verschiedenen Filtern auf meinen digitalen Objektiven erzielen kann und kaum noch abnehme.

Von: dylanoverhouse

Welche Erfahrungen hast du mit der Diana F+ gemacht?

Die Diana F+ war die erste analoge Kamera, mit der ich im Jahr 2020 zu fotografieren begann. Als ich von der Digitalfotografie kam, war es ein angenehmer Schock, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Mit nur drei verschiedenen Blendeneinstellungen und drei verschiedenen Fokusbereichen hat mich das Lomography-Motto "don't think, just shoot" schnell beeindruckt und mir erlaubt, mich auf das Motiv zu konzentrieren und alles andere loszulassen. Es half mir, die Dinge nicht mehr so ernst zu nehmen.

Diese unvoreingenommene Herangehensweise, das Fotografieren rein zum eigenen Vergnügen und aus Neugier, war für mich in einer sehr verwirrenden Zeit therapeutisch. Es fühlte sich aufregend an und gab mir ein neues Gefühl von Inspiration und einer Vision. In diesem ersten Jahr ging es darum, zu lernen und auszuprobieren. Ich strebte nicht nach Perfektion oder danach, jemanden zu beeindrucken. Ich sah einfach etwas und versuchte es einzufangen. Die Belohnung, ein schönes Bild mit dieser Kamera zu machen, ist dabei eine große Genugtuung.

Nachdem du die Diana seit über einem Jahr benutzt, was denkst du über die Kamera? Gibt es irgendetwas, was du an ihr ändern würdest?

Ich liebe die Kamera. Es gibt sehr oft Momente, in denen ich wünschte, ich könnte das sehen, was mein Objektiv sieht, aber das Geheimnisvolle ist wohl Teil des Spaßes! Meiner Meinung nach sollte man sich auf jeden Fall das 35-mm-Rückteil und verschiedene Größenadapter besorgen, wenn man kann. Natürlich ist es hilfreich, wenn du lernst, wie die Diana funktioniert, da du so mehr Aufnahmen pro Film machen kannst. Ich persönlich liebe die Rückteile, die über die Sprocket Holes belichten sowie das für Quadrate und das für Panoramabilder. Fotos, die gut kompiniert sind und die Sprocket Holes spielerisch miteinbeziehen , finde ich wirklich cool. Im Moment bleibt bei mit das Rückteil für Quadrate oben, da ich mit dem Blitz eine Reihe von Nachtaufnahmen in meiner Stadt machen will.

Welche Techniken oder Lektionen hast du im Umgang mit der Kamera gelernt?

Ich habe online diese coolen, kleinen Spickzettel für Pinholes mit der Diana gefunden, die mir sehr geholfen haben. Wenn ich etwas Neues ausprobiere, notiere ich mir gerne die verwendeten Einstellungen und mache ein Referenzfoto mit meinem Handy. Die Kombination dieser Gewohnheiten hilft, den Lernprozess zu beschleunigen - zumindest bei mir.

Von: dylanoverhouse

Wie würdest du deine ersten Diana-Aufnahmen mit denen vergleichen, die du jetzt machst?

Sie werden einfach immer ausgefallener. Ich habe gelernt, das Licht besser zu nutzen und auch, wie ich genauer und konstanter belichten kann. Ich konzentriere mich jetzt mehr auf Menschen und bin inzwischen so sicher im Umgang mit der Kamera, dass ich mich Fremden mit dem Vertrauen nähern kann, dass wir gemeinsam ein schönes Bild schaffen können.

Ich bin viel entschlossener geworden. Ich mache keine Serienbilder mehr, um Einstellungen oder Objektive zu testen. Ab und zu schneide ich den Leuten noch den Kopf ab, oder ich mache ein Gruppenfoto, bei dem eine Person versehentlich aus dem Bild herausragt. Aber hey, das ist alles für den Moment und, was noch wichtiger ist, zum Spaß, oder?

Kannst du uns einige deiner Lieblings- oder denkwürdigsten Fotos zeigen?

“Mike”
Letztes Jahr an meinem Geburtstag probierte ich etwas, was ich schon lange machen wollte: ein Pinhole-Porträt. Nachdem ich endlich angefangen hatte, mit einem Belichtungsmesser zu arbeiten, war ich bestens vorbereitet und traf mich mit meinem Freund Mike in der Innenstadt. Wir machten das Foto, da ich aber wohl vergessen hatte den Film zu transportieren, kam es zu dieser Pinhole-Doppelbelichtung. Es war einer dieser glücklichen Zufälle.

“Emu”
Als ich mich zum ersten Mal näher mit den Objektiven beschäftigte, fiel mir auf, dass ich das Fisheye-Objektiv dazu nutzen konnte, um durch einen Zaun zu fotografieren. Ich wollte Fotos von einigen Emus machen und ausgerechnet in dem Moment als einer sich umdrehte, um an meinem Objektiv zu picken, drückte ich auf den Auslöser. Mit dem Objektiv war glücklicherweise alles in Ordnung!

“Derek”
Ich hatte gerade meine dritte Rolle S/W-Film geladen und war immer noch nicht ganz sicher, aber ich sehnte mich danach, Menschen zu porträtieren. Als ich gerade über eine Brücke lief, schrie jemand nach mir. Es stellte sich heraus, dass es ein guter Freund von außerhalb war, der zufällig in diesem Moment vorbeikam. Er holte mich ab, wir schossen schnell zwei oder drei Fotos und trennten uns wieder.

“Don’t Forget About Me”
Das ist ganz einfach eines meiner Lieblingsbilder, speziell auch mit dem LomoChrome Purple. Es geht darum, die Schönheit in etwas zu finden, das vergessen wurde oder dem keine Beachtung mehr geschenkt wird. Glücklicherweise fand ich eine gute Komposition und mich begeistern die harschen Grüntöne in den Fenstern der anderen Trucks.

“Us”
Für meine erste Rolle LomoChrome Purple fuhren meine Freundin Bao und ich zum Bauernhof ihrer Eltern, um einige der Blumen und das Gemüse zu fotografieren. An dem Tag machte ihre Mutter dieses Foto und wie der Rest dieser Bilder ist es eine besondere Erinnerung an eine Zeit des Wachsens und Erforschens.

Kannst du uns irgendwelche Tipps für die Benutzung dieser Kamera geben?

Nimm den Blitz mit, wenn du nicht gerade in der direkten Sonne bist oder dich in einem Raum befindest, wirst du ihn höchstwahrscheinlich benutzen wollen. Die Farbfilter sorgen für schön knallige Farben. Und mit den 10 Regeln der Lomography machst du auch nicht viel falsch.

Hast du irgendwelche Ziele für deine Diana-Fotografie?

Jetzt, wo ich mit meiner Diana vertraut bin, wird mein nächster Schritt wohl sein, mehr mit Langzeitbelichtungen zu experimentieren und vielleicht auch ein paar Astroaufnahmen mit ihr zu machen. Diesen Sommer möchte ich auf jeden Fall einige Porträts mit dem Pinhole probieren. Ich bin gespannt, was damit möglich ist.

Zum Schluss: Hast du noch einen Ratschlag oder etwas, das du dem Rest der Lomography-Community teilen möchtest?

Probier es aus. Was auch immer du im Hinterkopf hast, probiere es einfach aus. Lass es raus. Scheitere dabei und versuche es erneut. "Ein Ziel, das du jedes Mal triffst, ist ein Ziel, das du viel zu nah gesetzt hast.
Folge deinem Instinkt und vertraue dem Prozess.

Von: dylanoverhouse

Wir möchten Dylan dafür danken, dass er seine Reise und seine Erfahrungen mit der Diana F+ mit uns geteilt hat. Sieh dir auch seine restlichen Fotos sowie seine Filmarbeiten an. Du hast Tipps oder interessante Erfahrungen mit der Diana F+? Kommentiere unten und teile sie mit uns!

geschrieben von rocket_fries0036 am 2023-02-18 in #Ausrüstung #Menschen #Orte

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