Von Doppelgängern und Doppelbelichtungen - Clare Marie Bailey und der Lomo'Instant Wide

Von einer kleinen Stadt im Norden von Wales aus, schlagen die Fotos von Clare Marie Bailey große Wellen. Sie fotografiert ausschließlich auf Film, kreiert meisterliche Porträts, die von einer zeitlosen Ästhetik durchtränkt sind und hat ihre Arbeiten bereits in Europa, den USA und Japan ausgestellt. Sie hat für uns die Lomo'Instant Wide getestet und sich mit uns über ihren fotografischen Werdegang, ihre Leidenschaft und ihre Einflüße unterhalten.

© Clare Marie Bailey

Liebe Clare, bitte erzähl uns erstmal ein bisschen von dir.

Ich bin eine walisische Fotografin und Filmemacherin und bin auf der Insel von Anglesey im Vereinigten Königreich geboren und lebe auch noch hier. Die Insel ist sehr eindrucksvoll mit ihrem weiten Himmel und den dynamischen Meereslandschaften, sie hat meine Vorstellungskraft total geprägt, ebenso wie die Menschen, die hier leben. Ich bin überwiegend Autodidakt und lege großen Wert auf praktisches, intuitives Lernen.

Wie bist du zur Film- und Sofortbildfotografie gekommen?

Meine ersten Erfahrungen mit der Filmfotografie habe ich in der Schule gemacht, als eine eifrige Lehrerin, Misses Farrell, eine Dunkelkammer für die Schüler einrichtete. Meine Freundin ging nach der Schule dorthin und ich begleitete sie und genoss die ganze Erfahrung und den Prozess des Entwickelns. Die Dunkelkammer erlaubt es einem, zum Alchemisten zu werden. Danach habe ich eine alte Filmkamera meines Vaters benutzt, um einige der Menschen meiner Heimatstadt zu fotografieren, die ich interessant fand. Ich arbeitete nach der Schule und an den Wochenenden in einem beliebten Zeitungsladen. Der Laden war gut besucht von interessanten Außenseiterfiguren und ich begann sie zu dokumentieren. Der Laden hatte auch die beste Auswahl an Magazinen und ich sammelte The Face, Vogue und verschiedene Musikmagazine.. Ich ernährte mich förmlich von diesen inspirierenden Bildern. Ich bin dann immer wieder in die Fotografie eingetaucht, habe aber erst um 2007/8 mit einer Digitalkamera angefangen ernsthaft zu fotografieren.

Meine digitalen Bilder konnten leider nie das abliefern, was ich mir vorgestellt hatte, was sicher auch an mangelnder Expertise lag, aber sie fühlten sich für mich einfach kalt an. Ich habe mich dann in Lomography und alles über Film eingelesen. Während dieser Zeit fing Impossible Project an, wieder Sofortbildfilm herzustellen und mir gefiel, was ich von anderen Künstler:innen sah, die mit diesem Medium arbeiteten. Ich versuchte es erneut mit Film und liebte die Wärme, die Sättigung und auch das Unvorhersehbare und die perfekten Imperfektionen der Sofortbildfotografie. Ich liebe das Physische des Films, den Prozess des Ladens der Kamera und - besonders mit Sofortbildfilm - die Möglichkeit sofort ein greifbares Objekt in Händen halten zu können. Für mich sind die Fotos wie kleine Portale in eine andere Welt. Meine Beziehung zu Sofortbildfilm begann auf einem Strand in Anglesey und seitdem bin ich dabei geblieben. Mir ist Loyalität sehr wichtig und ich bin dem Sofortbildfilm über die Jahre treu geblieben.

© Clare Marie Bailey

Dein Stil ist einzigartig und sofort wieder erkennbar; was sind deine künstlerischen Einflüsse?

Film, Musik und Gegenkulturen beeinflussen mich stark. Als Kind habe ich viel Zeit bei meiner Großmutter verbracht, die in der Nähe wohnte. Sie hat viel Ferngesehen und ich habe sehr schöne Erinnerungen daran, wie ich mit einem Drink in der Hand auf dem Sofa gemeinsam mit ihr diese Filme ansehe. Ich wusste zwar nicht, worum es ging, war aber von den Bildern fasziniert und schusterte mir mit meinem kindlichen Verständnis eigene Interpretationen. Meine Liebe zu Film und Weltkino stammt aus dieser Zeit und hat mich bis heute nicht verlassen. Meine Mission ist es eigentlich mit jedem Foto einen eigenständigen Filmstill zu kreieren. Ich liebe Lynch, Antonioni und viele andere Regisseure. Neuerdings habe ich Michael Mann's Manhunter, insbesondere wegen des visuellen Stils und die Lichtsetzung für mich entdeckt. Ein Teil meiner Familie ist italienisch und ich besuchte die katholischen Schule meiner Ortschaft und ging mit meiner Mutter und Großmutter zur Kirche. Das Theater, das Rituelle, die Kleidung und die Atmosphäre der katholischen Kirche haben auch einen großen Einfluss auf mich.

Es gab viele bunte, glitzernde Kleider, Weihrauch, Kerzen und jedes Jahr einen Mai Umzug, bei dem einige der Mädchen im letzten Grundschuljahr als Königinnen mit Blumenkränzen gekrönt werden - wie bei einem heidnischen Picknick in "Hanging Rock" (Picknick am Valentinstag), der auch einer meiner Lieblingsfilme ist.

Auch Musik spielt in meinem Leben eine Rolle und beeinflusst mich. Ich glaube, dass man Musik genauso gut sehen wie hören kann. Ich liebe Bands wie Boards of Canada, HTRK, Gwenno, Beachouse. Sie alle erzeugen eine Stimmung und Emotionen in mir, die mich inspirieren. Selbst ein Liedtext kann manchmal eine Reihe von Bildern und Ideen in meinem Kopf auslösen. Auch meine alltägliche Umgebung kann das. Kürzlich ging ich in ein Geschäft und wurde von einer fabelhaften Frau um die 70 bedient, die mir erzählte, wie sie beim Staubsaugen einen Energydrink trank. Alles an ihr war wunderbar, und in diesem Moment hat sie mich inspiriert.

© Clare Marie Bailey

Wie bereitest du dich auf ein Shooting vor?

Wenn mir was Gutes einfällt, schreibe ich das meistens auf und arbeite von da weiter. Das kann von einem Film kommen, den ich gerade gesehen habe: eine bestimmte Figur oder eine Szene, die mich beeinflusst hat, oder ein Lied, das etwas ausgelöst hat... jedenfalls schreibe ich es zuerst auf. Dann denke ich über den Drehort nach, besuche ihn, wenn ich kann. Denke über die Dinge nach, die ich brauche, um die Szene, die ich mir vorstelle, im Film umzusetzen. Ich denke darüber nach, welche Outfits und Requisiten ich brauche, um mein Set zu bauen. Ich mag dieses Element meiner Arbeit sehr und genieße es, Dinge zu beschaffen. Dann überlege ich, welcher Film und welche Kamera zu dem passen würden, was ich zu kreieren versuche. Dann hole ich den Film, überprüfe Dinge wie Batterien, stelle sicher, dass ich Stative, Halterungen usw. habe, und dann gehe ich los und drehe. In der Planung und Vorproduktion passiert eine Menge. Ich gehöre nicht zu der Kategorie von Fotografen, die ihre Kamera überallhin mitnehmen. Ich bin eher für die Planung und Inszenierung von Shootings zuständig. Trotzdem habe ich mich schon einige Male geärgert, dass ich keine Kamera dabei hatte.

© Clare Marie Bailey

Wie ist es dir beim Fotografieren mit der Lomo'Instant Wide Kamera ergangen?

Sehr gut! Zunächst einmal fand ich die Kamera schön anzusehen. Es war ein echter Bonus, dass die Kamera über eine Stativhalterung und einen Objektivdeckel verfügt, der zwei Drucktastenoptionen hat, die wie eine Fernbedienung funktionieren, so dass man Selbstporträts machen kann. Die eine ist die Soforttaste, die Zweite die Zeit Einstellung für gut belichtete Bilder. Ich finde es toll, dass man den Objektivdeckel von der Schnur abschrauben und so aus der Ferne problemlos ein Selbstporträt machen kann. Das Objektiv selbst hat auch eine gute Auswahl an Brennweiten. Es ermöglicht schöne Weitwinkelaufnahmen (wie der Name schon sagt), die meiner Meinung nach großartig aussehen. Die Kamera ist einfach in der Handhabung und wird mit einer ganzen Reihe von kreativen Features und Zubehörteilen geliefert, wie z. B. verschiedene aufsteckbare Objektive und dem Splitzer, mit dem man sein Bild splitten und so darüber entscheiden kann, welcher Teil des Bildes belichtet wird.

Diese kreativen Funktionen haben mir wirklich Spaß gemacht, und ich habe eine Menge Ideen, wie ich sie in meiner Arbeit einsetzen kann. Ich habe mit dem Splitzer, dem Weitwinkelobjektiv und dem Ultraweitwinkelobjektiv gearbeitet und auch mit dem Close-Up Objektiv experimentiert. Es gibt einen Blitz, den man ein- und ausschalten kann. Meistens hatte ich den Blitz ausgeschaltet, aber ein paar Aufnahmen habe ich mit eingeschaltetem Blitz in einigen Badezimmerszenen versucht, und er hat die Bilder gut ausgeleuchtet.

Ein weiterer Pluspunkt war die Mehrfachbelichtungsfunktion, bei der man auf den Knopf drückt und dann so viele Aufnahmen macht, wie man möchte, und dann auf den Knopf drückt, um das Bild auszuwerfen. Es gibt einen Bulb-Modus für Langzeitbelichtungen bei Nacht, Farbfilter. Es ist wirklich alles dabei. Es hat ein paar Aufnahmen gedauert, bis ich das mit den Entfernungen und dem richtigen Bildausschnitt drauf hatte, aber ich habe das Gefühl, dass diese Kamera ein großartiger neuer Freund ist und sich gut mit meiner Arbeit vereinbaren lässt. Es hat mir wirklich Spaß gemacht, mit ihr zu fotografieren.

© Clare Marie Bailey

In dieser Serie stehst du selbst Modell. Kannst du uns ein wenig darüber erzählen, warum du dich dazu entschlossen hast und ob es die Herangehensweise ans Fotografieren verändert, wenn man selbst das Hauptmotiv ist?

Ich hatte nie die Absicht, Selbstporträts zu machen, aber ich habe früh gelernt, dass Menschen einen manchmal im Stich lassen können. Also war ich immer die zuverlässigste und verfügbarste Person, die allzeit bereit war, wenn eine Idee aufkam. Als ich anfing, mich selbst zu fotografieren, begann ich, etwas daraus zu machen. Mir gefiel der Gedanke, dass ich mich selbst als diese Figuren neu erfinden konnte. Sie existieren in einer parallelen, alternativen Welt zu meinem täglichen Leben, und leben durch diese Bilder weiter. Ich liebe das Konzept von Doppelgängern und Doppelgängerinnen, und ich bin immer daran interessiert, die Gefühle von Einsamkeit, Sehnsucht und ein ambivalentes Gefühl von Trennung und Verbundenheit durch meine weiblichen Charaktere zu erforschen. Die Bilder sind eine Reflexion meines psychischen Lebens.

Ich glaube, wir alle zeigen und verbergen unterschiedliche Aspekte unseres Wesens zu verschiedenen Zeiten und auf unterschiedliche Weise. Wenn man selbst das Motiv des Fotos ist, gibt man Aspekte von sich preis und man gibt sich auch selbst eine Stimme und vermittelt so emotionale Inhalte. Man setzt sich damit auch einer möglichen doppelten Kritik aus, die sich zuerst aufs Bild und dann möglicherweise auch auf einen selbst bezieht. Aus praktischer Sicht, denke ich oft über meine Sicherheit nach. Ich bin meistens allein unterwegs, manchmal auch an abgelegenen Orten. Es gab eine ungute Begegnung, die mich verunsichert hat, und das ist etwas, das ich jetzt bei meiner Planung mit einbeziehe.

© Clare Marie Bailey

Wenn du einen Film erfinden könntest, was für eine Art Film wäre es und wie würde er aussehen?

Ich liebe die Vorstellung von einem Film, der einen überdrehten Giallo-Vibe ausströmt. Ich würde einen Film machen, der Bilder in das neongetränkte Wunder von Dario Argentos Suspiria verwandelt. Er würde den Aufnahmen eine Art intensive Leuchtkraft verleihen. Mir gefällt auch die Idee eines sehr großformatigen Sofortbildfilms, aber das würde auch eine neue Kamera bedeuten. Eine Art 50 x 50 Format. Wirklich groß. Man stelle sich nur die Kosten vor! Oder noch weiter hergeholt: Ich habe mir kürzlich wieder Blade Runner angesehen und war fasziniert, als der Protagonist Deckard eine Art Scanner benutzte, um die inneren Dimensionen eines analogen Fotos zu erkunden, um Beweise zu sammeln. Ein Foto, das man betreten und sich darin umsehen kann. Man stelle sich das vor!


Vielen Dank Clare für das schöne Interview. Mehr von ihr findest du auf Instagram.

2022-08-30 #News #Menschen

Erwähntes Produkt

Lomo'Instant Wide

Lomo'Instant Wide

Ganz aufgeregt sind wir, denn wir stellen euch die Lomo'Instant Wide vor — die weltweit kreativste Sofortbildkamera mit Objektivsystem für das Fujifilm Instax Wide Format. Sie vereint qualitative Handwerkskunst mit vielseitigen kreativen Einstellungsmöglichkeiten, die Lomo'Instant Wide ist die richtige Sofortbildkamera für jeden, der die schönsten, verrücktesten und abenteuerlichsten Momente unseres Alltags in originellen, weitwinkligen, außerordentlich scharfen und perfekt belichteten Bildern festhalten will.

Mehr interessante Artikel