Die Ästhetik des Minimalismus

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Ich liebe minimalistische bzw. reduzierte Bilder. Oft ist es ja nicht möglich, z. B. an touristischen Orten, etwas so in Szene zu setzen, dass es für sich allein steht und seine volle Ästhetik auf einem Foto zur Geltung kommt. Oft genug sehe ich jedoch auch Bilder, auf denen bestimmte Dinge vom eigentlichen Motiv/Bild ablenken. Ich frage mich dann, ob dies Absicht ist, Pech oder Unachtsamkeit.

Es hat gedauert, eine gute Position und den richtigen Bildausschnitt zu finden, um lediglich die verzerrte Spiegelung auf dem Foto zu haben.

Bilder können auf verschiedene Arten minimalistisch sein. Dabei muss nicht zwangsläufig ein kleiner Gegenstand groß in Szene gesetzt sein. Dinge, Personen oder Szenen, die für sich allein stehen, entwickeln meiner Meinung nach eine ganz eigene Ästhetik, die man nur dann erkennen kann. Motive, Personen, Orte oder Stimmungen gut einzufangen ist auf viele Arten möglich. Die Nähe zum Objekt und das Fokussieren sind dabei oft die einfachste Lösung etwas minimalistisch einzufangen. Abgesehen davon ist selbstverständlich auch die Komposition und eventuell Framing hilfreich für eine gute „Inszenierung“.

Gelungenes Framing: der Baum und die Felsen lenken nicht ab, sondern steuern den Fokus.
Framing leicht gemacht.

Oft genug wird es einem leicht gemacht minimalistische Bilder zu machen, da niemand in der Nähe ist, der ins Bild laufen kann und auch, weil man einfach eine gute Position finden kann, von der aus man mit seiner Kamera – manche haben ja keinen Zoom – genau den Bildausschnitt haben kann, den man möchte.

Bildausschnitt einfach gemacht: hinstellen und Auslöser drücken.

Dafür braucht es dann lediglich etwas Zeit und Geduld, vielleicht muss man auch die Hosen runterlassen und ins Wasser steigen, oder man sucht sich seine Position und drückt ab.

Motiv und Bildausschnitt wählen schwer gemacht: Hosen runter, Kamera hochhalten und ab ins Wasser. Und dann eine Position finden, damit nicht noch Badegäste und andere Boote auf dem Bild sind.

Den richtigen Bildausschnitt zu finden kann auch entscheidend sein. Ich muss nicht das ganze Motiv auf dem Foto haben um ein gelungenes Bild hinzubekommen. Abgeschnittene Motive können durchaus attraktiv sein und sind völlig ausreichend. Sie lenken den Blick dann eben nicht auf das große Ganze, sondern reduzieren das Bild und lenken den Blick auf Kleinigkeiten.

Ein Fuß reicht.
Ein halbes Boot lässt sich nicht rudern, ist aber gut genug für das Foto.
Der schlanke Arm und Drachen sind völlig ausreichend. Der ganze ck_berlin war nicht nötig.
Ein größerer Ausschnitt hätte den Schatten eher unkenntlich gemacht.
Ein Ausschnitt von größerer Entfernung hätte nicht gleich gewirkt.

Wenn Motive ohnehin schon allein stehen, sind sie einfach einzufangen und man muss sich lediglich fragen, wie nah man rangeht und wie man fokussieren möchte.

Von: bloomchen

Bei Bildern mit Menschen bin ich ein Laie. Ich mache kaum Porträts, aber wenn, dann finde ich darf nichts anderes auf dem Bild sein, was ablenken könnte.

Von: bloomchen

Hier habe ich zwei eindrucksvolle schlechte Beispiele. Im ersten Bild unten stört selbstverständlich die Frau, die halb abgeschnitten in diesem Moment ins Bild läuft. Wäre sie nicht auf dem Bild, würde es nicht nach einem Schnappschuss, sondern nach einer Komposition oder Inszenierung aussehen. Im zweiten Bild wurde mir das Equipment zum Verhängnis. Das Foto ist von einer Aussichtsplattform gemacht und ich konnte mit meiner Kamera nicht mehr zoomen. Und es wäre vermutlich von keiner Position aus gegangen, wobei ich schnell sein musste, denn der Wanderer lief da ja vorbei. Schneidet man das Bild zu und wählt den Wanderer als Bildausschnitt, sieht das schon wie ein tolles Foto aus.

Im falschen Moment den Auslöser gedrückt.
Wenn die Ausrüstung nicht ausreicht.
Zugeschnitten sieht das nach was aus.

Wie du sehen konntest sind für mich auch solche Bilder minimalistisch, die vielleicht eine ganze Umgebung zeigen, wenn dabei deutlich ist, was in Szene gesetzt werden soll. Eine Straße oder Allee kann zum Beispiel sehr beeindruckend und das Bild sehr minimalitisch/reduziert aussehen. Sobald allerdings auch drei Autos auf der Straße und dem Bild zu sehen sind, ist nicht klar, ob einem das eine Auto so gefallen hat, oder die Straße oder die Szene. Das gilt ebenso für Gebäude bzw. Ausschnitte/Perspektiven eines Gebäudes. Oder auch für Szenen in der Natur.

Von: bloomchen

Vielen Dank, dass ihr bis hierhin gekommen seid. Um es nicht nach Werbung für meine Bilder aussehen zu lassen, hätte ich selbstverständlich mit mehr Mühe einige Bilder von euch raussuchen können. Aber vielleicht machst du das selbst und verlinkst es in einem Kommentar, schreibst etwas dazu und/oder regst mit etwas Kritik an?

geschrieben von bloomchen am 2015-03-24 in #Ausrüstung #Anleitungen #lifestyle #tipster #composition #komposition #minimalismus #aesthetik

16 Kommentare

  1. zonderbar
    zonderbar ·

    schöner Artikel @bloomchen

  2. bloomchen
    bloomchen ·

    @zonderbar vielen lieben dank - doppelt, du weisst schon.

  3. dermanu
  4. bloomchen
    bloomchen ·

    @dermanu das ist ein tolles beispiel wie ich es vermutlich nicht gemacht hätte. um den drachen deutlicher hervorzuheben, hätte ich sehr sicher meine position so gewählt, dass der drachen etwas größer auf dem bild ist - wenn das geht - und die wolke hätte unbedingt nicht vor dem drachen sein dürfen. also, das ist jetzt keine kritik an dem bild, sondern eben wie ich versuche das einzufangen. hier www.lomography.de/homes/bloomchen/photos/17097512 ist mir das ganz ordentlich gelungen. aber die horizon bilder in dem album sind z. b. auch schon anders, weil die möglichkeiten begrenzter sind etwas minimalistisch einzufangen, wenn man einen so großen winkel hat.

  5. bloomchen
    bloomchen ·

    @poepel vielen dank. ein bild von dir ist mir dabei auch eingefallen. mit fokus auf nem finger. aber ich habe die letzten wochen und monate soviel verpasst. muss unbedingt mal wieder reinschauen - bei dir und ein paar anderen verdächtigen. lg

  6. juzifer
    juzifer ·

    @bloomchen Interessanter Artikel! Ich finde es lustig, dass du gerade das erste Bild als Einleitung für deinen Artikel genommen hast - denn für mich ist es geradezu opulent! Aber ich verstehe, wieso du es dennoch als minimalistisch bezeichnest - da es ja den Blick lenkt...
    Angeregt durch deinen Artikel hab ich auch noch mal meine Fotos nach Minimalimus durchstöbert.. und das find ich dabe wohl am schönsten dank der versteckten Diagonale.. www.lomography.de/homes/juzifer/albums/1985873-minolta-xg-1…
    Ein Tipp, wie man vlt noch ganz leicht minimalistische Fotos hinbekommt.. einfach nach oben fotografieren.. dann hat man nur das Motiv und den Himmel (sofern keine Hochhäuser oder so im Weg stehen).. wie zBsp hier: www.lomography.de/homes/juzifer/albums/2053380-purple-eye-1…
    @dermanu und @bloomchen - find ich ja toll, die zwei Drachenfotos.. beide ganz anders, trotz dem gleichen "Inventar"! :)

  7. bloomchen
    bloomchen ·

    @juzifer danke! auch für deine beispiele. wenn man gegen den himmel fotofrafiert hat man allerdings oft ein anderes problem: die relationen sind oftmals nicht leicht einzuordnen. da hilft dann die nähe und der fokus, wenn man dann z. b. durch den nahen fokus einen sehr unscharfen hintergrund hat, der aber dennoch die relation erkennen lässt. die gasse ist natürlich ein klassiker. da habe ich sogar ein lieblingsbild von einem anderen user, das ich sehr genial finde und in meinem allerersten lomo-artikel oder blog genannt habe: www.lomography.de/homes/jeansman/photos/14946788

  8. dermanu
    dermanu ·

    @bloomchen Das Bild hatte ich nicht geplant als dezidiert minimalistisch. Mit deinen Anmerkungen hast du sicher recht, die Wolke verschluckt den Drachen fast. Das ist so nicht optimal gelöst. Ich wollte lediglich ein Bild von dem Drachen vor dem Himmel. Den Drachen hat mein Neffe geführt und mit der La Sardina hat man nunmal einen Weitwinkel. Und viel Zeit hatte ich auch nicht für das Foto, der Drachen stürzte grad zu Boden. :-P
    In Anbetracht der Umstände finde ich trotzdem, dass mir das Bild ganz gut gelungen ist. ;-)

  9. bloomchen
    bloomchen ·

    @dermanu ja klar, selbstverständlich. das ist ja gerade "das problem", dass manchmal auch die möglichkeiten begrenzt oder nicht optimal sind. also was ich mit der horizon meinte gilt ja eben genau für die la sardina - zumal da sogar noch der viewer schlechter bzw. ungenauer ist. was ich in meinem kommentar meinte, ist dass sich bei mir dann so eine art checkliste abspielt, die sich um den bildausschnitt und die position dreht. und klar: ich bin ja kein profi, sodass mir das oft genug auch überhaupt nicht gelingt bzw. man eben, so wie du sagst, aus der situation heraus keine andere wahl hat als abzudrücken um den moment festzuhalten.

  10. trash-gordon-from-outer-space
    trash-gordon-from-outer-space ·

    schöner, sorgfältig zusammengestellter Artikel und ein spannendes Thema. Ich mag minimalistische Bilder auch sehr gern.

  11. sirio174
    sirio174 ·

    great!

  12. bloomchen
    bloomchen ·

    @zonderbar wie übersetzt man nun eigentlich die artikel? das tool ist ja weg. bzw. in meinem LH unter notes finde ich artikel von mir aber diesen z. b. nicht, weil der offenbar entstanden ist als es die neue seite schon gab und die liste ist wohl nicht aktualisiert.

  13. zonderbar
    zonderbar ·

    @bloomchen Das hier ist ein Artikel, den du fürs Magazin geschrieben hast, keine Note. Wir haben den Artikel für dich vorbereitet und veröffentlicht. Übersetzen kannst du nur, wenn du Zugriff zum Backend hast und ein offizieller Übersetzer bist.

  14. bloomchen
    bloomchen ·

    @zonderbar Okay. Wollte ich wissen, weil Andi mich mal in der Shoutbox gefragt hatte, ob ich den auch übersetzen würde. Und Note ist jetzt der Blog? Irgendwelche aktuellen Themen? Ich sollte wegen Piggies mal wieder was schreiben.

  15. zonderbar
    zonderbar ·

    @bloomchen ja, Notes sind jetzt der Blog ;) - ich bin für alle Themen offen was das Magazin angeht

  16. maeusedisko
    maeusedisko ·

    toller artikel! dein stil gefällt mir sehr!

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