NakedHeart beim Melt! Festival - und plötzlich sind sie alle nackt.

Mit einem ideengebenden Konzert-Flitzer beim Melt! Festival in 2009 fing alles an, nun startet Fotograf
Gerrit Starczewski schon das vierte Jahr in Folge mit der nakedHeart-Serie in die Festivalsaison. Das Konzept ist so einfach wie genial: Zieh dich aus und sei frei! “Sei frech und wild und wunderbar”, um es mit den Worten des Künstlers zu sagen.

Wer in den letzten Jahren das Melt!- Appletree- oder Frequency-Festival besucht hat, kennt sie sicher schon: Die nackten Massen an Menschen, die sich von einem weiteren Nackedei mit Kamera choreographieren und ablichten lassen. Was sich der durchschnittliche, im Musik-, Bier- oder Sonnenstichrausch befindliche Festivalbesucher meist aber leider nicht vor Augen führt: All die Nacktheit soll eine Botschaft transportieren, eine wunderschöne sogar.

Foto von Gerrit Starczewski

Weil doch alle Festivals ihren Ursprung irgendwo in Woodstock haben, will Starczewski wenigstens einen Hauch von Rebellion und kommerzfreier Unschuld in den Festivalalltag des 21. Jahrhunderts tragen. Dazu läuft er durch die musiktrunkenen Massen, versucht Besucher persönlich davon zu überzeugen an seinem Projekt teilzuhaben – und all das, weil am Melt!2009 ein Engländer bei Polarkreis 18 blankzog. Die Euphorie der Masse vor der Bühne, die verschiedenen Reaktionen von Überraschung bis Ekel faszinierten Starczewski, und so formierte er im darauffolgenden Jahr am selben Ort mit willigen Besuchern ein großes nacktes Herz, die Berührungsängste und Schamgrenzen der Teilnehmer austestend und in Frage stellend.

Foto von Gerrit Starczewski

nakedHeart macht auf den Luxus, den wir gedankenlos verdrängen, aufmerksam, und das an den hedonistisch geprägtesten Orten unserer Welt: Festivals. Anstatt die Freiheit, sich tagelang der Musik, der Sonne, dem In-Ekstase-Tanzen hinzugeben, in vollen Zügen zu genießen haben es Kommerz und Oberflächlichkeit sogar geschafft, sich bei den Erben Woodstocks einzuschwindeln. “Egal ob Indiekid, Raver oder Hipster – nackt und in unserem Wunsch nach Freiheit sind wir gleich und doch individuell, eben jeder auf seine ganz persönliche Art und Weise”, argumentiert Starczewiski.

Fotos von Gerrit Starczewski – 2012 war nakedHearts Botschaft extra-politisch: Die Aktion solidarisierte sich mit Pussy Riot.

Also befreit sich manch Festival-Stammgast schon seit ein paar Jahren regelmäßig für Starczewskis Bilder (und hoffentlich auch für sich selbst!) von den Zwängen des Schönseins und wiegt sich in der Sicherheit des kollektiv-kindhaften Körperbewusstseins. Mitmachen darf aber nur, wer volljährig ist, so will es der Jugendschutz als Spiegel unserer gesellschaftlichen Perzeption von Nacktheit. Wer jetzt Lust bekommen hat, sich seiner Mama oder der Gesellschaft zu beweisen, dass er auch ohne die Unterstützung von trendbestimmten Äußerlichkeiten mit fremden Leuten, Unmengen an Konfetti, Luftballons und vor allem einem gemeinsamen Fotoauftrag Spaß haben kann, hat die nächste Chance dazu am Melt!2014.

19.7.2014
14 Uhr
Haupteingang zum Melt!Festival

Mehr Infos auf http://www.nakedheart.de und Facebook.

Foto von Gerrit Starczewiski

Lebende Installationen, die sich mit Nacktheit auseinandersetzen, faszinieren dich genauso wie uns? Spencer Tunick versammelt nackte Menschen, um der Kunst willen seit den 90ern auf der ganzen Welt – hier zu bestaunen.

Erfahre mehr über Gerrit im Lomography Interview.

geschrieben von analogeanstalten am 2014-07-11 in #News #festival #melt #melt #nackt #gerrit-starczewski #naked-heart #aktfotografie

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