Wir dürfen vorstellen: LomoAmigo marcel2cv

Der April nähert sich langsam dem Ende zu und wie das manchmal so ist, kommt das Beste zum Schluss. So wie unser Interview mit Community Mitglied Marcel, der es schon lange verdient den Titel des LomoAmigo inne zu haben! Kein anderer begeistert uns in so regelmäßigen Abständen mit fantastischen Reviews über analoge Raritäten wie er. Da fragen wir uns oftmals selbst, wo er diese eigentlich immer findet. Nun stand er uns Rede und Antwort.

NAME: Marcel
STADT: Mülheim an der Ruhr
LAND: Deutschland
LOMOHOME: marcel2cv

Hey Marcel! Erzähl uns doch ein bisschen was über dich. Was treibst du so, wo kommst du her und vor allem für was steht das 2cv in deinem Usernamen?

Hallo! Vielen Dank für die Ehre, LomoAmigo wollte ich schon lange mal sein! Ein bisschen was zu mir: Ich bin 36 Jahre alt, lebe in Mülheim an der Ruhr im Ruhrgebiet und arbeite als Systemadministrator in einer kleinen, familiären Firma. Ich habe mehr Hobbies, als ich Zeit und Geld habe. Das “2cv” in meinem Usernamen ist wohl das größte davon, nämlich mein Citroën 2cv, besser als “Ente” bekannt. Mit ihr bin ich von Frühjahr bis Herbst unterwegs zu diversen Treffen, wo sich Enten-Freunde zusammenfinden, und habe auch schon größere Reisen (zumindest für die nur 29PS) damit unternommen, z.B. nach Schweden oder Tschechien. Ente fahren ist ein bisschen wie Lomography, man weiß, dass es mit modernen Geräten (in dem Fall Autos) schneller und leichter geht, aber man hat mehr Spaß dabei.

Ganz besonders wichtig ist mir ansonsten das Meer, das brauche ich einfach regelmäßig für mein seelisches Gleichgewicht. Die Jahreszeit ist dabei vollkommen egal, klar ist es im Sommer am schönsten, aber auch der tiefste Winter hat dort in jedem Fall seinen Reiz!

Wie bist du zur Lomographie gekommen und wie lange bist schon in der Community dabei?

Da ich ja schon zur älteren Lomographen-Generation gehöre (also vom Lebensalter her) habe ich über die Hälfte meines Lebens analog fotografiert, einfach weil es nicht anders ging. Später kamen dann die ersten Digitalkameras. Aber die analogen sind bei mir nie ganz verschwunden gewesen, 2003 z.B. kaufte ich einem Arbeitskollegen eine Agfa Clack ab und experimentierte ein bisschen damit. Der große Schwenk zur Lomographie kam dann im Sommer 2011. Mir gefielen die “digitalen Lomobilder” à la Instagram ganz gut (inzwischen denke ich da etwas anders drüber) und nahm daher in einen Urlaub nach Berlin eine Agfa Optima 335 mit, die ich mal irgendwann geschenkt bekommen hatte. In dem Urlaub war ich dann auch zum ersten Mal im Lomography Gallery Store in Berlin und kaufte ein paar Filme. Tja, und ab dann gab’s kein zurück mehr! Wenige Tage nach meiner Rückkehr hatte ich meine erste Lubitel.

Uns ist aufgefallen, dass du bereits viele großartige Reviews über alte analoge Schmuckstücke verfasst hast. Welche darunter ist dein Favorit?

Ui, die Entscheidung fällt mir gar nicht so leicht. Wer mein LomoHome kennt, der weiß, dass ich ungefähr in dem Maße mit Kameras experimentiere wie andere Leute mit Filmen. Ich habe schon eine ganze Menge und immer wieder kommen welche dazu, wenn z.B. Verwandte beim Aufräumen auf dem Speicher über die Fotoausrüstung ihres Großonkels stolpern. Von den Kameras, über die ich bisher Artikel geschrieben habe, ist aber wohl die Zorki 1 mein Favorit. Sie ist so nah an der Leica 2 dran, wie ich es mir leisten kann, mit all ihren Vor- und Nachteilen. Ein wunderbares Gerät. Wenn das Licht stimmt, haut einen die Schärfe dieser überaus handlichen Kamera richtig vom Hocker. Witzigerweise scheint sie nicht auf Farbfilme zu stehen. 3 Filme in schwarzweiß haben problemlos geklappt, den Farbfilm haben die scharfen Transportzahnräder so übel zugerichtet, dass ich ihn nur noch mit Mühe herausoperieren konnte und zur Sicherheit dann selbst in Caffenol entwickelt habe. Ist aber auch kein Problem, eine sehr ähnliche Fed 1 hat sich inzwischen auch noch zu mir gesellt, und die mag Farbfilme.

Und welche Kameras fehlen dir noch in deiner Sammlung?

Da gibt es noch einige, auch wenn ich diese Liste durch das exzessive Übersetzen von Artikeln schon deutlich verkleinern konnte… Aus dem Lomography Online-Shop würden mich derzeit am meisten die Horizon Perfekt (die Kompakt habe ich schon) und die Lubitel 166+ reizen. Ansonsten würde ich bei einer bezahlbaren Kiev 60 oder 88 schwach werden, und bei einer Hasselblad noch viel mehr. Irgendwann hätte ich wohl auch gern mal eine Leica 2 oder 3.

Hast du ein paar Tipps, wo man am besten solche Raritäten findet und vor allem auf was man beim Kauf achten sollte?

Viele der Kameras, die ich bisher gekauft habe, konnte ich günstig bei Ebay ergattern, weil sie z.B. nicht mit ihrem Namen, sondern nur mit “alte Kamera” beschrieben waren. Da kann man schon mal Glück haben. Dann gibt es in meiner Heimatstadt einen sehr liebenswerten kleinen Laden für gebrauchte Kameras und Zubehör, auch da ist mir schon manches Schnäppchen begegnet, und ich bin froh, dass sich die Öffnungszeiten mit meinen Arbeitszeiten stoßen, so dass ich nicht all mein Geld dorthin tragen kann.

Ansonsten sind Trödelmärkte natürlich eine wichtige Quelle. Da schaue ich dann weniger an den Ständen von Sammlern, die sind mir einfach zu teuer, sondern viel mehr bei privaten Verkäufern. Mit der Zeit entwickelt man einen richtigen Scannerblick und kann binnen Bruchteilen von Sekunden einen Stand auf eventuelle Schätze prüfen. Kleiner Tipp: Stative, die verkaufsfördernd neben einem Stand aufgebaut sind, können durchaus ein gutes Zeichen sein, dass ihr dort auch Kameras findet, oft noch in Kisten verpackt oder etwas versteckt. So ist mir z.B. eine Agfa Schulprämie (eine Boxkamera) aus dem Jahr 1932 für einen einstelligen Eurobetrag zugekommen, bisher meine älteste Kamera. Noch ein Tipp: Alte Kameras sind nicht mehr allzu reisefreudig! Wenn ihr also auf der Suche nach alten russischen oder DDR-Kameras seid, dann schaut in den östlichen Bundesländern! Die Zenit- und Praktica-Dichte ist dort einfach erheblich höher. Auf einem Trödelmarkt in Brandenburg habe ich es geschafft, innerhalb einer knappen halben Stunde meinen Rucksack mit drei Kameras zu füllen, die zusammen weniger gekostet haben als ihre Versandkosten bei Ebay gewesen wären.

Es ist natürlich hilfreich, wenn man ein wenig über die Kameras weiß, so dass man zumindest die Grundfunktionen überprüfen kann. Interessant zu wissen ist auch, ob es überhaupt noch passende Filme gibt. Das ist z.B. bei der Smena SL nicht mehr so, und die liegt gerade im Osten recht häufig an den Ständen herum. Also informieren, Augen auf und ran! Es soll Leute geben, die schon eine LC-A für unter 10€ auf dem Flohmarkt gefunden haben. Ich gehöre aber leider nicht dazu.

Erzähl uns mehr über deine Heimat Mülheim an der Ruhr. Was gibt es dort lomographisch zu entdecken?
Mülheim ist eine im Vergleich zu den Nachbarstädten kleine Großstadt am südwestlichen Rand des Ruhrgebiets. Diese Grenzlage merkt man auch der Landschaft gut an, der Norden der Stadt ist eher dicht bebaut und teilweise auch noch industriell geprägt, der Süden ist dafür fast komplett grün. Weiteres prägendes Element ist natürlich die Ruhr, die sich durchs ganze Stadtgebiet schlängelt. Und so hat man beides, einerseits wundervolle Natur und andererseits auch Industriekultur, vor allem in der Nachbarstadt Duisburg, aber auch in Mülheim selbst. Leider gibt es seit dem Krieg nicht mehr so viele alte Gebäude, aber ein paar sehenswerte sind schon noch da, in der Mülheimer Altstadt zum Beispiel, oder das Schloss Broich. Besonders gerne fotografiere ich in den Ruhrauen, die praktisch direkt vor meiner Haustür beginnen. Ansonsten gibt es auch den Sommer über Open Air Konzerte, bei denen man auch immer gut fotografieren kann.

Du hast uns mal erzählt, dass du gemeinsam mit Freunden in einer Ente zum 2cv-Welttreffen nach Spanien fahren willst. Was ist aus den Plänen geworden und welche Kameras müssen unbedingt mit auf die Reise?

Der Plan steht! Urlaub ist bei allen vieren genehmigt, jetzt kann uns eigentlich nichts mehr aufhalten. Wir werden innerhalb von so 4-5 Tagen ganz gemütlich und ohne Stress nach Südfrankreich und dann die Küste entlang nach Spanien tuckern, dort dann ein hoffentlich tolles Welttreffen genießen und anschließend ganz entspannt über Frankreich (diesmal die Atlantikküste hoch) wieder zurück. Die Kamerafrage bereitet mir allerdings schon lange schlaflose Nächte. Einerseits wüsste ich bergeweise Kameras, die mit müssen, andererseits ist der Platz natürlich sehr, sehr beschränkt. Die LC-A+ muss in jedem Fall mit, die ist eigentlich immer dabei. Vielleicht schaffe ich es dann endlich auch mal, das Krab-Gehäuse zu testen, was seit Monaten im Schrank herumliegt. Ich denke mal dann kommt noch eine M42 Spiegelreflex mit, z.B. die Praktica MTL-5b. Da kann ich dann mit verschiedenen Objektiven einen großen Bereich abdecken und muss nicht so viele Kameras mitschleppen. Sollte ich dann feststellen, dass wider Erwarten noch Platz ist, würde ich wohl noch eine meiner Lubitels einpacken, aber die ist halt schon sperrig.

Hast du sonst noch Projekte (insbesondere fotografische), die du dieses Jahr umsetzen möchtest?

Ich habe ja auf der Photokina im letzten Jahr dank dem tollen Workshop am Lomography-Stand die ersten Schritte gelernt, wie man Filme selbst entwickelt, in dem Fall mit Caffenol. Damit bin ich schon sehr zufrieden (die oben gezeigten Schwarzweißbilder sind alle selbst entwickelt), darum möchte ich mich bald mal mit der C41-Entwicklung befassen. Toll wäre es, wenn ich auch noch die nächsthöhere Stufe schaffen würde, und auch mal lerne, wie man Bilder vergrößert. Die passenden Geräte liegen alle bei meinem Daddy im Keller, ich müßte nur einmal damit anfangen…

Ansonsten interessiere ich mich auch sehr für das Thema Street Photography und möchte meine bescheidenen Anfänge darin weiter ausbauen.

Welche Community Mitglieder findest du dabei besonders inspirierend?

Wenn es um das Thema Filmentwicklung geht, finde ich insbesondere die farbenfrohen Hybridentwicklungen von @ck_berlin und die Schwarzweiß-Prints von @bkspicture inspirierend.

Aber unter den vielen Leuten, denen ich bei Lomography folge, gibt es etliche, die mich immer wieder auf die eine oder andere Art inspirieren, zu viele, um sie alle zu nennen. Ein paar Beispiele wäre @alex34 mit seiner Liebe zu Ostblockkameras, die meiner nicht nachsteht, und seinen wundervoll warmen Farbtönen, @knipsomat mit seinem Auge für Details, @artichekt, der weiß, wie man eine Linienführung perfekt gestaltet, @brommi, der Menschen so viel schöner fotografiert als ich, @clickiemcpete, der genauso kamerabekloppt ist wie ich, @fish300 mit seinen charaktervollen Portraits, @he-mo, der so schön crosst wie ich das gerne können würde, @wil6ka mit den Locations, von denen jeder träumt, und @aanum, der Filme so lange quält, bis die Bilder zu moderner Kunst werden. Wie gesagt, ich könnte hier noch so viel mehr Leute nennen, und ich hoffe es ist mir keiner böse, der hier jetzt nicht aufgetaucht ist.

Zu guter Letzt noch ein kleiner Rückblick zu deinem Jahr 2013. Was hast du bildlich bisher erlebt?

Der Winter hier war lang und grau, man musste die Tage, an denen man schön fotografieren konnte, wirklich suchen. Aber langsam scheint es ja wirklich Frühling werden zu wollen. Wurde auch Zeit! Daher gibt es demnächst auch wieder mehr neue Bilder aus meiner Richtung. Außer einer Stippvisite in Süddeutschland gab es dieses Jahr noch keine größeren Foto-Ausflüge, aber das Jahr ist ja noch lang.

Danke für das Interview Marcel!

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geschrieben von zonderbar am 2013-04-23 in #Menschen #amigo #april #community #lomoamigo #marcel2cv #community-amigo #top-lomograph