Was bedeutet Kunst? Was bedeutet Schönheit?

Wir fragten Robert Hopkins, Präsident der “European Society for Aesthetics” nach seiner Meinung zu diesen und anderen Fragen…

Ist es überhaupt möglich zu definieren, was “Kunst” bedeutet?

Ich denke, wir müssen uns eingestehen, dass eine wirklich zufriedenstellende Antwort erst noch gefunden werden muss. Die bisher üblichen Versuche, Kunst zu definieren – als Darbietung, Ausdruck eines Gefühls oder anderem, um ästhetische Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – scheitern an dem einen oder anderen wichtigen Kunstwerk oder gar an einem ganzen Kunstgenre. Modernere Ansätze, die Quintessenz der Kunst in verständliche Begriffe zu fassen haben uns dem Ganzen aber auch nicht näher gebracht. Manch einer nahm dies als Beweis dafür, dass sich Kunst ganz einfach nicht definieren lässt. Sie ist von Natur aus zu uneinheitlich, zu breit gefächert, zu explorativ und fließend um sie jemals in eine “Formel” zu fassen. Trotzdem ist nicht gesagt, dass Kunst schwieriger als andere Konzepte zu beschreiben ist. Versuche es mit “Wahrheit”, “Wissen”, “tun was getan werden muss”. Unsere interessantesten und wichtigsten Ideen widersetzen sich einer exakten Definition.

Liegt die Schönheit lediglich im Auge des Betrachters?

Naja, was ist die Alternative? Wenn die einzig andere Option bedeutet, dass die Schönheit in den Dingen liegt, welche wir schön finden – nur einmal angenommen wir können dieser Formulierung über Eigenschaften von Dingen überhaupt einen Sinn geben – tippe ich dennoch auf das Auge des Betrachters.
Aber denke an Farben. Gehören sie zum Objekt oder liegen sie in den Augen dessen, der sie sieht? Das mag wie eine falsche Frage erscheinen. Farben mögen nicht zu den Grundbausteinen der Welt gehören, so wie es Formen oder Masse tun, aber sie sind auch keine Ausgeburt unserer Fantasie. Wir können bei der Einschätzung von Farben Fehler machen (denkt an farbenblinde Menschen, oder daran, Dinge in einem schwierigen Licht zu betrachten), aber das alles genügt, um unserer Einschätzung von Farben eine gewisse Objektivität zuzuschreiben. Und auch wenn man dabei auf einige Schwierigkeiten stößt, denke ich, dass man viel davon auf das Konzept von “Schönheit” übertragen kann. Es mag keine “Urfeste” des Universums sein – aber trotzdem ist es nicht einfach nur ein Etikett, das irgendwer irgendeiner Sache wahllos ansteckt.

Was macht Fotografie so besonders?

Fotografien sind Bilder und haben somit das Spezielle, welches allen Bildern anhaftet. Aber Fotografien sind Bilder einer ganz besonderen Art. Was ist so speziell an ihnen, das sie von anderen Bildern unterscheidet? Ich sympatisiere mit dem Gedanken – dem vielen Fotografen beipflichten – dass Fotos “Spuren” sind, während andere Bilder “Zeichen” sind. Was soll das genau bedeuten? Ich denke, was Fotografen kennzeichnet, ist die Art, die Welt zu zeigen, wie sie war und aussah, ganz unabhängig von der Art, wie sie der Mensch hinter der Kamera sehen möchte. Für andere Bilder stimmt das nicht unbedingt: Auch wenn sie präzise dargestellt werden, dann nur weil der Künstler diese Dinge genau so darstellen möchte. Natürlich stehen dem Fotografen Mittel zur Verfügung, die ihm helfen, das Bild und seinen Inhalt zu “kontrollieren”. Dennoch, denke ich, kreieren sie nicht in dem Maße die dargestellte Wirklichkeit.

Warum interessieren wir uns für Kunst?

Eine gute Frage! Eine Thema, welches bei den meisten Erklärungsversuchen darüber, was Kunst eigentlich ist, vollkommen außer Acht gelassen wird, ist die Frage danach warum wir sie schätzen. Das ist in den meisten Theorien so, die ich oben nannte. Eine anzuerkennende Erklärung ist die Ansicht, dass Kunst einfach einen Ausdruck vermittelt. Dies ist jedenfalls die Meinung von R.G. Collingwood, einem englischen Philosophen des 20. Jahrhunderts. Vielleicht gibt es einfach nichts, was man über den Wert von Kunst sagen kann. Vielleicht sollten wir einfach anfangen uns zu fragen, warum wir dieses Bild, oder dieses Musikstück mögen. Oder was man an Gemälden schätzt, was einem ein Musikstück nicht vermitteln kann und andersherum.

Warum kümmert es Menschen, ob sie ein Original oder eine Fälschung vor sich haben?

Es ist nicht wirklich die Aufgabe eines Philosophen, sich zu fragen, was Menschen kümmert. Trotzdem ist es mein Job zu untersuchen, warum sie sich kümmern sollten – um den Unterschied zwischen Originalen und Fälschungen herauszufinden und sich im Nachhinein für Ersteres zu entscheiden. Die Frage wird erst interessant, wenn wir uns vorstellen, dass das Plagiat absolut perfekt ist. So perfekt, dass – egal wie lange man hinsieht – nicht einmal Experten bestimmen können, dass es sich um eine Fälschung handelt. Natürlich hat das Original besondere Eigenschaften, die der Kopie fehlen. Das Original kann zum Beispiel wegweisend in der Kunst sein, die Fälschung kann absolut bahnbrechend auf dem Gebiet des Kopierens sein. Es ist möglich, dass man das Original und die Fälschung so voneinander abgrenzen kann. Irgendwie ist es interessant, dass wir uns Sorgen darüber machen, ob wir uns aus rationellen Gründen für das Original entscheiden sollten. Warum lehnen wir die vorher erläuterten Unterschiede zwischen Original und Fälschung ab? Womöglich liegt die Antwort darin, dass wir das besondere an einem Kunstwerk nur dadurch schätzen, weil wir es schon oft gesehen haben und dadurch gut kennen. Jetzt muss man sich die Frage stellen, ob das Original diesen “Drang des Wollens” wirklich in uns hervorrufen kann, oder ob wir uns doch eher für die etwas günstigere Fälschung entscheiden, obwohl sie diese besondere Eigenschaft nicht hat. Um dies weiter zu erläutern, müsste ich allerdings mehr in die Tiefe gehen und das würde vermutlich den Rahmen dieses Interviews sprengen.

Robert Hopkins ist der Präsident der European Society for Aesthetics und Head of Philosophy an der Universität von Sheffield in Großbritannien.

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geschrieben von tomas_bates am 2011-03-18 in #lifestyle #analog #kunst #future #schoenheit #zukunft #philosophie

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