Archiv der Weiblichkeit* - dekonstruktive Arbeiten zum Thema Weiblichkeit von Baboschotzky mit der LomoInstant Automat

Stefanie Bascha und Laura Borschotzky aka Baboschotzky sind ein Künstlerinnen-Duo aus Wien. Ihre Arbeit fokussiert sich auf Dekonstruktion von Festkörpern und deren Neuerrichtung. Seit 2018 arbeiten sie zusammen und ihre Arbeiten wurden bereits bei SIE! MICH AN und beim Chula Vista Film Festival gezeigt. Zusätzlich arbeiten sie individuell als Künstlerinnen und haben beide ihr Studium der Kunst gewidmet. Stefanie ist die „Praktische“, sie studiert Keramik und plastische Konzeptionen an der Kunstuniversität Linz. Laura ist die „Theoretikerin“ und studiert Kunstgeschichte an der Universität Wien. Ihre Gedanken zum Projekt mit der LomoInstant Automat und zum Womensday schildern die Beiden im Folgenden.

"Wir sind ein super Team, wenn wir anfangen kreative Gedanken zu jonglieren, eine Idee die nächste ergänzt und diese spezielle Zusammenarbeit entsteht, das ist bestimmt das Schönste daran. Der Austausch und auch Flow in dem Prozess ist wirklich großartig."
© Baboschotzky

Archiv der Weiblichkeit*

Dekonstruktion zerlegt Konstrukte in ihre Einzelteile, um sie zu analysieren und konventionell Gewordenes kritisch zu hinterfragen. Dieser Prozess bildet den Grundstein unserer Arbeit. Wir befassen uns gerne mit gesellschaftlichen Themen und deren Dekonstruktion - ganz besonders Weiblichkeit* und die Rolle der Frau*. Darum schien es uns als logische Konsequenz, dass wir für den „International Women's Day“ das Sinnbild der Frau* dekonstruieren, denn die konventionelle Vorstellung vom Sinnbild der Frau* ist konstruiert. Wie sie* aussieht, sich gibt, ihre* Rolle spielt. In einem kollektiven Archiv sind indexikalische Zeichen, die Weiblichkeit* definieren, gesammelt und zu einem Sinnbild summiert. Das Konstrukt Weiblichkeit* lebt von ihnen, da sie es durch ständige Repetition erzeugt und fortlaufend affirmiert haben. Das kollektive Archiv erhebt Anspruch auf Vollständigkeit. Es schreibt der Frau* indexikalische, als weiblich* konnotierte Zeichen zu und reduziert die Frau* dadurch auf ihr* Sinnbild und beschränkt sie* folglich in ihrer* Existenz. Dadurch separiert es vielseitige Menschen in zwei Geschlechterrollen, die erfüllt werden müssen und nimmt der*dem einen, was der*dem anderen aufgezwungen wird. Daraus resultiert eine Notwendigkeit das Archiv der Weiblichkeit* zu dekonstruieren.

© Baboschotzky

Indexikalische Zeichen für Weiblichkeit* sind z.B. glänzende, rote Lippen; langes Haar; dichte, geschwungene Wimpern; kurze, anliegende Kleider; High Heels; Nagellack; etc. All das wird genutzt um Frauen* noch „weiblicher“ aussehen zu lassen und so das vorgegebene Schönheitsideal zu kopieren. Das Gesicht wird mit Contouring makellos gemacht, weil Frauen* nach diesem Prinzip „schön“ sein sollen.

Es ist leicht mit Make Up eine Illusion zu erzeugen. Der Mund kann schnell zum Auge werden, wenn man ihm Wimpern aufklebt. Wir wollen damit zeigen, wie viel Unechtes dahintersteckt. Ein glänzendes rotes Gesicht ist befremdlich, das wären die roten, glänzenden Lippen auch, wenn die kollektive Vorstellung von Weiblichkeit* anders funktionieren würde. Es ist alles kollektive Konvention und Konstruktion. Zusätzlich werden Frauen*, die sich diesen Konventionen besonders fügen dann aber verurteilt, als oberflächlich wahrgenommen oder als nicht intelligent abgestempelt. Das zeigt wie sehr Frauen* beurteilt werden. Als Beute, als Ausstellungsstück oder für zu Hause, die Frau* wird objektifiziert, kategorisiert und konstruiert.

© Baboschotzky

Wir haben die Beiden gefragt was sie von der Entwicklung im Bereich der Geschlechtergleichstellung halten und wie sie die Zukunft sehen:

"In der letzen Zeit ändert sich im Bereich der Geschlechtergleichstellung vieles zum Positiven, weil massiv viel dafür getan wird, was großartig ist. Das muss unbedingt so weitergehen. Wir alle, die sich engagieren, dürfen uns nur nicht von Rückschlägen entmutigen lassen und nicht aufgeben sondern müssen weiter machen."
© Baboschotzky

Zur analogen Fotografie und deren Rolle im Kampf des Feminismus sagten die Beiden:

"Analoge Fotografie ermöglicht das Bearbeiten von Körperwahrnehmung. Es ist immer wieder spannend wie viel Diskrepanz zwischen Fotographie und eigener Körperwahrnehmung bestehen kann. Damit kann man toll experimentieren und auch viel über konventionelle Körperbilder aufarbeiten und damit brechen."
© Baboschotzky

Und abschließend ein Aufruf an jüngere Generationen:

"Konstruiert selbst, lasst das nicht andere für euch übernehmen. Egal ob es um die Wahrnehmung von Kunst, Gesellschaftsbildern oder Schönheit geht. "

*Auch eine Verweiblichung von Bezeichnungen zelebriert die Genderteilung. Das Sternchen soll auf die binäre Wahrnehmung der Worte aufmerksam machen - wir bearbeiten das Sinnbild der Frau* - das Sternchen soll aufzeigen dass auch das Wort Frau* durch angelernte Mechanismen kategorisiert als Sinnbild aufgefasst wird und wir dadurch bestimmte Konstrukte damit verbinden weil es uns so beigebracht wurde. Das wollen wir nochmal hinterfragen und dekonstruieren.

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Vielen Dank an Stefanie Bascha und Laura Borschotzky für ihren inspirierenden Beitrag zum Womensmonth! Schaut auf ihrem gemeinsamen Instagram vorbei um mehr Projekte der beiden zu sehen.

geschrieben von alinaxeniatroniarsky am 2020-03-08 in #Kultur #art #womesnmonth

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