Es werde Licht! Ein neuer Spiegel für die Welta Reflekta 2

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Mir ist kürzlich auf einem Trödelmarkt eine Reflekta 2 günstig zugeflogen. Soweit funktioniert alles fein und die ersten Testfilme sind sehr erfreulich ausgefallen. Aber das Sucherbild könnte schon heller sein. Und genau das wollen wir heute ändern.

Ein Problem haben die meisten TLR-Kameras aus der ehemaligen DDR und den anderen Ostblockstaaten (nur die Lubitels machen da offenbar eine angenehme Ausnahme) heutzutage: Das Sucherbild ist ganz schön dunkel. Bei Tageslicht kann man noch halbwegs fokussieren (außer die Sonne steht ungünstig), aber bei allen anderen Situationen wird es schwierig. Ein bisschen hilft es schon, die meist ziemlich eingestaubte Mattscheibe zu reinigen. Ich nehme dafür ganz normalen Glasreiniger. Bei manchen Kameras, wie auch bei dieser Reflekta hier, kann man die Mattscheibe auch mit vertretbarem Aufwand ausbauen, so dass man auch die Innenseite reinigen kann. Und genau bei dieser Aktion sieht man dann meist auch schon den eigentlichen Grund des dunklen Suchers: den Spiegel!

Dieser Spiegel ist noch einer der Besseren, er ist nur braun angelaufen und hat kaum Flecken.

Dieser dient bei zweiäugigen Spiegelreflexen zum Glück „nur“ dazu, im Sucher das Bild darzustellen. Mit dem eigentlichen Foto hat er also direkt nichts zu tun. Indirekt aber natürlich schon, denn gerade im Nahbereich braucht man schon erkennbare Konturen auf der Mattscheibe, um ordentlich scharfstellen zu können.

Jetzt könnte man auf die Idee kommen, den Spiegel einfach wie vorher mit Glasreiniger sauber zu machen. Prinzipiell kein schlechter Plan, bei Ostblockkameras aus der Ära wird man aber danach nur noch eine (dafür aber schön saubere) Glasscheibe in der Hand halten. Die Spiegelung wird hier nämlich durch eine hauchdünne Silberbeschichtung verwirklicht, die damals noch nicht mit einer zusätzlichen Lackschicht geschützt wurde. Und weil Silber gern mal anläuft, dunkeln die Spiegel im Laufe der Jahre auch immer weiter nach oder kriegen sogar richtige Rostflecken. Im Nachhinein ist man immer wieder überrascht, dass sie überhaupt noch irgendein Bild in den Sucher gebracht haben…

Es muß also ein neuer Spiegel her. Da es die Firma Welta schon etwas länger nicht mehr gibt, brauchen wir eine Alternative. Dazu gibt es zwei wichtige Dinge zu bedenken.

Erstens: Im Gegensatz zu den meisten Spiegeln, die z.B. im Badezimmer hängen, ist bei den Kameraspiegeln die Frontseite verspiegelt. Würde man dort jetzt einen normalen Spiegel mit vorgesetzter Verglasung einbauen, dann müsste man in jedem Fall die Fokussierung korrigieren, denn die kann so nicht mehr richtig sein. Die paar Millimeter Glas, um die sich die Spiegelfläche nach hinten verschiebt, machen da einen großen Unterschied.

Zweitens: Ebenfalls Thema Fokus. Wir brauchen optimalerweise einen Ersatz, der genauso dick ist wie das Original. Ob das bei deiner Kamera zwingend notwendig ist, hängt davon ab, wie der Spiegel drinnen befestigt ist. Bei der Flexaret 4 z.B. wird er von unten gegen das Suchergehäuse verschraubt, dadurch ist seine spiegelnde Oberfläche immer an der gleichen Position, egal wie dick er ist. Da kann man (wie von mir auch schon erfolgreich durchgeführt) auch einfach einen Edelstahlspiegel aus dem Campingbedarf nehmen und zurechtsägen. Klappt. Bei der Reflekta geht das so leider nicht, hier brauchen wir die korrekte Dicke.

Was für ein Glück, dass es einen genau passenden Spiegel im Handel zu kaufen gibt! Die Firma MediaLas, die auf Zubehör für Laser spezialisiert ist, bietet ihn an. Und zwar sowohl in der passenden Dicke, als auch in den sonstigen benötigten Maßen (Dicke 2mm, Höhe x Breite 50×50mm). Ihr findet ihn unter der Bezeichnung LS50. Mit Versand seid Ihr mit knapp 20 Euro dabei. Das ist zwar teurer als eine Bastellösung, aber dafür auch viel einfacher und schneller. Der ganze Wechsel hat so keine Viertelstunde gedauert. Und da auch der Versand nur einen Tag gebraucht hat, konnte ich fix loslegen. Also ran ans Werk!

Wir brauchen:

1. die Reflekta 2
2. den Ersatzspiegel
3. einen Feinmechanikersatz, zumindest einen sehr feinen Schlitzschraubendreher
4. einen aufgeräumten und gut beleuchteten Arbeitsplatz

Dazu empfehle ich euch noch das Tragen von dünnen Baumwollhandschuhen, wie es sie im Drogeriemarkt gibt. So vermeidet Ihr, dass auf dem neuen Spiegel direkt wieder Fingerabdrücke sind. Die kleinen Schräubchen packe ich immer direkt in den Deckel eines Filmdöschens, so können sie nicht verschwinden.

Wir beginnen nun damit, dass wir den Schachtsucher abschrauben. Dafür löst ihr links und rechts die jeweils zwei auf dem Bild markierten Schrauben. Jetzt könnt ihr den Schacht komplett herausnehmen und seht schon den Spiegel (und in meinem Beispiel sieht man auch gut, warum er getauscht werden muss).

Diese Schrauben auf beiden Seiten lösen und den Schachtsucher nach schräg-hinten abnehmen.
Oh ja, der hat’s hinter sich…
Den Übeltäter schiebt ihr jetzt einfach Richtung Scharnier hoch und damit raus aus den Klammern. Eventuell müsst ihr von unten etwas mit dem Schraubendreher hebeln. Kann aber nix bei passieren, kaputt ist er ja schon. Bei der Gelegenheit könnt ihr auch gleich mal die Innenseite der Mattscheibe saubermachen.
Der Schachtsucher. So kommt man sehr gut an die Innenseite der Mattscheibe.

Jetzt die Klebereste noch entfernen und den neuen Spiegel (vorher die blaue Schutzfolie entfernen) aus Richtung Scharnier in die Klammern schieben, bis er an den unteren beiden Klammern angekommen ist.

Jetzt braucht Ihr nur noch den Sucherschacht wieder aufzusetzen (das geht am besten, wenn ihr ihn aufgeklappt lasst, achtet darauf, dass die metallene Lasche vorne unter ihr Gegenstück vom Kameragehäuse muss, sonst passen die Schrauben nicht mehr) und wieder festzuschrauben. Achtet ebenfalls darauf, dass die Aluteile wie auf dem Vorher-Bild mit den Pfeilen außen sein müssen. Tja, und das war’s auch schon! Atmet mal tief durch und guckt dann durch den Sucher. Na, das war’s wert, oder?

In Wirklichkeit ist die Verbesserung noch deutlich besser sichtbar als auf dem Foto.

Okay, so hell wie bei einer Yashica Mat oder so ist es immer noch nicht, das liegt nun an der Mattscheibe. Auch die könnte man theoretisch noch gegen ein helleres Exemplar, z.B. mit Fresnel-Linse tauschen, aber das kostet auch wieder (und zwar mehr als der Spiegel) und für die allermeisten Fälle sollte die Helligkeit nun genügen.

Viel Spaß beim Probieren und vor allem beim späteren Fotografieren mit eurer „renovierten“ Kamera!

geschrieben von marcel2cv am 2014-09-16 in #Ausrüstung #Anleitungen #tipster #kamera #camera-modification #tipster-reparatur-reflekta-tlr-spiegel-mattscheibe

4 Kommentare

  1. verzbilovska
    verzbilovska ·

    Danke für die Anleitung! Ging fix und ohne Probleme.

  2. marcel2cv
    marcel2cv ·

    @verzbilovska: Spitze, freut mich! ☺

  3. be1andi
    be1andi ·

    Hallo. Ich habe den Spiegel austauscht wie hier beschrieben.
    Leider ist das Bild mega unscharf und matt egal wie der Fokus eingestellt ist.
    Kann mir jemand einen Tipp geben?

    Danke

  4. marcel2cv
    marcel2cv ·

    @be1andi Hm... Da kann man eigentlich wirklich nicht viel falsch machen... Wenn Du die Folie abgemacht hast und den Spiegel mit der richtigen Seite nach oben so wie auf den Bildern eingebaut ist, dann hab ich keine Ahnung, wo noch ein Fehler liegen könnte. Vorher war's besser?

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