Großformat für Arme oder ein Papamobil für Lomographen

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Hier stelle ich euch eine interessante Bastellösung für eine Großformatkamera vor. Profis verdrehen die Augen, aber das Ding macht einen Heidenspaß.

Ein Sonderfall der Fotoindustrie hat einige sehr interessante Sofortbildkameras hinterlassen. Kodaks Ausflug in die Sofortbildfotografie.

Anfang der 1960 Jahre produzierte Kodak für Polaroid Filme, die neuen Integralfilme wollte Polaroid selber herstellen. Durch die Entwicklungsarbeit und die Produktion von Polaroid Filmen hatte Kodak das Know-How für eine eigenständige Sofortbild Lösung. Erwartungsgemäß führte dies zu Verdruss unter den früheren Freunden.

Nachdem Kodak in einem Patentstreit unterlag und kein Sofortbild-Filmmaterial mehr verkaufen durfte, wurden meines Wissens die Kameras in einer Rückkaufaktion vom Markt genommen.
Ein Spitzenmodell ist tatsächlich „Made in Germany“. Eigentlich sind diese tollen Kameras für unser Vorhaben zu schade, aber sie werden spottbillig verkauft. In einem bekannten Internetauktionshaus ist manch ein Anbieter froh, wenn er das Ding für 1,00 Euro versteigert. Ich empfehle die Kodak EK8 . Sie hat ein dreilinsiges Glasobjektiv 11/137, einstellbar über den eingebauten Schnittbildentfernungsmesser. Wie damals noch üblich, wurden viele der wichtigen Teile aus Metall gefertigt.

Was bietet diese Kamera? Sie ist faltbar, hat einen Entfernungs- und Belichtungsmesser und sie benötigt keine teuren Spezialbatterien, ganz normale AA Mignonzellen reichen aus.

Schwierige Umbauten sind für unser Vorhaben nicht notwendig, wer will, kann den Motor für den Filmtransport abklemmen. Für diese tollen Kameras gibt es keine passenden Filme mehr zu kaufen. Was tun, fragte Zeuss. Ich antwortete: Na, da tun wir einfach einen anderen Film rein.

Wenn die Kamera bei dir ist und du die Rückwand aufmachst, findest du mit etwas Glück eine leere Filmkassette. Das Format der Bilder war ca. 67×92mm, quasi 6×9cm+X. Passt doch prima für 6×9 Planflime bzw. Kleinbild oder Rollfilmabschnitte. Der Kodak Sofortbildfilm hatte 160 ASA. Wir können Filme zwischen 100 und 400 ASA einsetzen. Die Belichtungszeit kann man an der Kamera ändern oder den Film entsprechend entwickeln.

Ihr könnt den Film mittig auf die Kassette pappen oder auf einer Pappschablone montiert in die Kassette schieben. Wenn keine Kassette in der Kamera war, kann man sich mit einem Ersatz aus Pappe, Holz oder ähnlichem helfen, welcher die Größe der Kassette hat. In der Kamera findet Ihr unten rechts den Haken für den Auswurf der Filmblätter. Diesen Haken müsst Ihre entweder mit einem Seitenschneider ab knipsen oder an eurer Pappschablone eine Aussparung für ihn anbringen.

Diesen Haken müsst ihr abknipsen

Ich habe mir eine Schablone für die Filme angefertigt, anstelle der Kassette wird der Film oder das Fotopapier auf einer Pappscheibe befestigt und diese in der Kamera fixiert.

Nichts spricht dagegen, das Filmblatt mehrfach zu belichten. Zum laden und entladen der Kamera benötigt man einen Wechselsack. Da diese Kameras billig sind, ist es sinnvoll, mehrere Kameras mit Filmblättern zu bestücken, um diese dann wie Kassetten zu benutzen.

Die Kodak-Kameras haben wie die Polaroid Amateurmodelle aus der gleichen Epoche leider keinen Blitzanschluss über Mittenkontakt oder die PC-Buchse. Für viele Kameras in diesem Segment waren Blitzbirnen, Blitzwürfel oder Blitzschienen die einzige Möglichkeit zu blitzen. Auf die Kodak-Kameras passen Flipp Flash Blitzschienen. Diesen werden piezoelektrisch gezündet.

Vor einigen Jahren gehörten Blitzwürfel und Blitzschienen noch zum Standard Fotosortiment des gesamten Einzelhandels. Heute findet ihr mit viel Glück evtl. noch Restbestände in schlampig geführten Drogeriemärkten, Wühlkisten des Fotohandels, bei Internetauktionen, Fotobörsen etc.

Das in der Kamera belichtete Negativ, ein alter Agfapan100 Planfilm in R09, etwa 30% verlängert entwickelt.

Die 6×9cm Negative lassen sich sehr gut mit dem weit verbreiteten Meopta Magnifax oder Flachbettscannern mit Durchlichteinheit verarbeiten. Schwarzweiß-Planfilme im Format 6×9cm bieten neben Ilford die Firmen Fotoimpex und Wephota an. Ihr könnt natürlich auch einen Streifen Kleinbildfilm abschneiden und auf die Kassette / Pappscheibe kleben

Hier präsentiere ich euch die wahrscheinlich letzten Kodak Sofortbilder. Sofortbilder aus einer über 30 Jahre alten Kassette.

geschrieben von vintaprint am 2014-07-11 in #Ausrüstung #Anleitungen #tipster #modifikation #kamera

3 Kommentare

  1. schugger
    schugger ·

    Einfach geil so kreative Ideen!

  2. servus_salyut
    servus_salyut ·

    Super gemacht @vintaprint
    Hatte für so ein Projekt schonmal die SX-70 im Hinterkopf
    Aber die Stromquelle im Polaroid-Filmpack ist ein einziger Krampf.
    2 Mignon Batterien sind natürlich super!

  3. vintaprint
    vintaprint ·

    Du brauchst 4 AA Batterien, also 6V.

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