Ein Tag mit dem Efke IR 820

Ein Tag mit dem Efke IR820 ist etwas ganz Besonderes, denn: Wir fotografieren mit Licht im Infrarotbereich! Licht mit dieser Wellenlänge kann das menschliche Auge nicht mehr sehen. Folglich sind alle in der Fotografie benutzten Geräte nur für sichtbares Licht ausgelegt. Alle? Wie bei jeder Regel gibt es auch hier eine Ausnahme, die Infrarot Fotografie.

Dieses Bild habe ich vormittags um ca. 10 Uhr gemacht. Der Kamerabelichtungsmesser stand auf 10 ASA, belichtet habe ich auf die Schatten. Wie ihr seht, haben die Mauerfugen und der Schattenbereich des Mauersims kaum oder keine Zeichnung. Besser wäre ein 2-3 Std früherer Aufnahmezeitpunkt gewesen.

Wir fotografieren mit einem nicht sichtbaren Teilbereich des Strahlenspektrums. Dies hat eine ganze Menge Auswirkungen auf unser Tun, einfach Film einlegen und fotografieren ist hier nicht möglich. Einige wenige Filme sind über den üblichen bis ca 690nm (Nanometer) reichenden Bereich des sichtbaren Lichts hinaus sensibilisiert.

Es gibt zwei Typen von IR Filmen, die über 800nm hinausgehen und die bis etwa 750nm reichen. Die über 800nm kommen aus der Luftbildfotografie und die 750er aus der Verkehrsüberwachung. Im Bereich der 800 +Xnm Filme gab es lange Zeit nur den Kodak HS IR zu kaufen. Dieser Film war bis fast 900nm sensibilisiert und zeigte schon mit einem starkem Rotfilter den typischen IR Look. Dann kam der Efke 820IR, er zeigt den IR-Effekt nur mit einem Infrarotfilter, mit einem Rotfilter erzielt man normale Schwarzweißbilder.

Für meinen IR-Tag habe ich diesen, im Kühlschrank gelagerten Efke IR 820, Ablaufdatum 2013, in der Konica Hexar AF benutzt.

Der Kodak HS IR ist ein infrarot sensibilisierter Tri-X Film mit 400 ASA und der Efke 820IR ein Film mit 100 ASA. Diese tollen Filme werden leider nicht mehr hergestellt und kommen nur noch sporadisch aus den Tiefen irgendwelcher Tiefkühltruhen in den Handel. Meist mit utopischen Preisvorstellungen. Man sollte bei solchen Angeboten vorsichtig sein, da die Infrarotsensibilisierung der Filme sehr viel schneller altert als bei normale Filmemulsionen. Besonders kritisch ist der Kodak HS IR, da er schon längere Zeit nicht mehr erhältlich ist.

Aktuell gibt es noch die 750er Klasse, der bekannteste Vertreter ist der Ilford SFX, ein auf IR gepimpter Hp5. Dann haben wir noch den Orwo Tc27, auch als Maco 400c im Angebot, den Kodak Hawk Eye und die Agfa Asp Verkehrsüberwachungsfilme. Alle diese Filme benötigen für den IR-Look, auch Woodscher-Effekt genannt, einen IR-Filter. Ob und wie ausgeprägt dieser Effekt ausfällt, hängt vom Wetter und dem Stand der Sonne ab. Die Infrarot Strahlung ist kurz nach Sonnenaufgang und kurz vor Sonnenuntergang am stärksten. Wenn die Schatten lang sind und graue Gehwegplatten einen Gelbstich haben, lohnt es sich, IR-Fotos zu machen.

Das Infrarotfotografieren ist wie das sprichwörtliche Fischen im Trüben. Es gibt keine exakten Werte, mit denen ihr arbeiten könnt. Der Anteil der Infrarot Strahlung am Licht ist von der Jahreszeit, der Tageszeit und dem Wetter abhängig. Man sieht deutliche Unterschiede an den Pflanzen: Laubbäume werden sehr hell, Nadelbäume dunkler und abgestorbene Pflanzen fast schwarz wiedergegeben. Ruhiges Wasser wird schwarz und stark bewegtes Wasser sehr hell. Nicht spiegelnde Metallteile sind sehr dunkel und Schattenbereiche fast schwarz.
Die Mittagszeit mit hohem Sonnenstand, stark bewölkter Himmel und hohe Luftfeuchtigkeit (diesiges Wetter) sind eher schlechte Bedingungen. Am besten ist klares Wetter, klar abgegrenzte Wolken erhöhen die Dramatik der Aufnahmen.

Einiges weicht stark von der üblichen Lomographie ab. Etwas Wichtiges gleich zu Beginn: Legt die Filme, besonders den Efke IR 820, möglichst im Dunkeln ein. Am besten ist ein Filmwechselsack, ein dunkler Raum reicht auch. Es muss deutlich dunkler als euer Körperschatten sein. Der Filzstreifen der Filmpatrone ist ein ausreichender Lichtschutz für normale Filme, bei Infrarotfilmen können die ersten Bilder verschleiern. Je mehr Licht darauf fällt, desto mehr Bilder sind am Filmanfang betroffen. Da ihr die Filme selbst unter optimalen Verhältnissen mit höchstens 25 Asa (eher 8 bis 12 Asa) belichten könnt, ist der Einsatz eines Stativs beinah unausweichlich. Die Entfernungseinstellung müsst Ihr korrigieren, auf vielen Objektiven ist dafür eine Markierung angebracht.

Die IR-Indexmarke ist der kleine rote Strich links neben dem ebenfalls rot markierten Fokusindex, zwischen Blende 4 und 8. Es gibt meines Wissens nur eine Kamera, die diese Korrektur automatisch macht. Es ist die Konica Hexar AF mit einer Firmwareerweiterung, sie kann dann sogar zwischen 850nm und 750nm unterscheiden.

An dieser Stelle ein paar Bilder eines Garagenhofs, jeweils mit IR-, Rot- und ohne Fliter

IR-Filter 8 ASA, ihr seht am Grün vor den Garagen den Woodschen Effekt.
50 ASA Rotfilter, kein Woodscher Effekt erkennbar.
100 ASA ohne Filter

Die Belichtungsmesser sind nur für sichtbares Licht ausgelegt, es ist meines Erachtens sicherer, die Belichtung ohne Filter zu messen, den Wert einzustellen, die Entfernung einzustellen und auf die IR-Marke zu korrigieren und dann den Filter aufzuschrauben. Da es keine festen Belichtungsregeln gibt, macht ihr mit dem ersten Film am besten mehre Aufnahmen pro Motiv mit unterschiedlichen Belichtungseinstellungen und notiert dabei die Umstände, wie z. B. Tageszeit und Wetter.

Diese Bild habe ich um ca. 14 Uhr aus freier Hand gemacht und wegen der Mittagszeit mit 9 ASA belichtet. Ein Einbeinstativ wäre hilfreich gewesen. Wir sind übrigens in Wuppertal-Vohwinkel.
Dieses Bild ist ebenfalls in Wuppertal entstanden, oberhalb des Güterbahnhofs Steinbeck mit Blick ins Tal. Die Belichtungseinstellung hier beträgt 10 ASA um ca. 15 Uhr. Ich habe gewartet, bis die Sonne durch eine Wolkenlücke schien. Auch hier sind die Bedingungen wegen der recht dichten Wolkendecke nicht optimal. Für diese Aufnahme konnte ich mich auf einer Mauer abstützen.

Beim Herausnehmen des Films gilt das gleiche wie beim Einlegen: Habt ihr den Film aus der Kamera in die schwarze Kunstoffdose gepackt, müssen die ersten Verarbeitungsschritte möglichst im Dunklen erfolgen. Wenn ihr nicht selber entwickelt, weist das Labor darauf hin. Das Entwickeln selber ist unkritisch, da es sich beim Efke IR 820 und auch beim Ilford SFX um eine ganz normale Filmemulsion handelt.

Etwas anspruchsvoller in der Verarbeitung sind die Verkehrsüberwachungsfilme wie z.B. der Orwo TC 27. Diese Filmemulsionen sind für die Maschinenverarbeitung bei hohen Temperaturen und Geschwindigkeiten optimiert. Sehr gute Erfahrungen habe ich mit den 750nm Filmen bei der Entwicklung in Ultrafin SF, Emofin, Negafin und DK76 Zweibad Rezept gemacht.

Die Bilder sind alle mit einer Konica Hexar AF gemacht worden. Diese Kamera hat die angesprochene Softwareerweiterung. Da der IR-Filter immer vor dem Objektiv bleiben kann, bieten sich Sucherkameras für die Infrarotfotografie an. Aufgrund der geringen effektiven Filmempfindlichkeit ist meistens ein Stativ erforderlich, folglich ist dieser Vorteil unerheblich. Lediglich der Kodak HSIR war unter optimalen Bedingungen Straßenfototauglich. Mit einem frischen Efke IR 820 wäre der Infraroteffekt deutlicher gewesen.

Wir lernen daraus: Infrarotfilme gehören unbedingt in die Tiefkühltruhe, ohne einen richtigen IR-Filter kein Woodscher Effekt und ein Stativ ist genauso wichtig wie der IR-Filter!

Und noch etwas Wichtiges:

Es gibt Autofokus-Kameras, die ein elektronisches Bildzählwerk haben. In diesen Kameras ist eine Lichtschranke mit einer Infrarot LED im Bereich der Perforation des Films montiert. Wenn Ihr eine Aufnahme gemacht habt, transportiert der Kameramotor den Film solange weiter, bis die Infrarot-Lichtschranke genügend Stege zwischen der Perforation bis zum nächsten Bild gezählt hat. Der Filmtransportmotor stoppt dann und ihr könnt das nächste Bild machen. Die Olympus Mju2 hat zum Beispiel solch eine Einrichtung und ist daher IR untauglich.

geschrieben von vintaprint am 2014-06-25 in #Ausrüstung #Anleitungen #film #infrared #tipster #infrarot #anleitung #ilford-sfx #efke-ir-820 #orwo-tc-27 #kodak-hs-ir #maco-400c #kodak-hawkeye #agfa-aps-100

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