Die Mamiya C330 Professional S: Eine schwergewichtige Japanerin
12 17 Share TweetDie Mamyia C330 Professional ist eine zweiäugige Spiegelreflexkamera mit Wechselobjektiven. Verwendet wird normaler Rollfilm. Im Vergleich zu einer Lubitel 166+ ist die Japanerin recht groß und schwer. Setzt man die C330 auf ein Stativ und stellt sorgfältig scharf, kann man tolle Fotos bekommen.
Wahre Größe
Groß ist sie. Eine Lubitel 166+ wirkt ausgesprochen zierlich neben der 1,5 kg schweren Japanerin. Aus diesem Grund nutze ich diese wunderbare Kamera auch viel zu selten. Um ehrlich zu sein, habe ich mir die Lubitel im Herbst gekauft um endlich eine leichtere TLR zu besitzen. Aber in Magdeburg habe ich dann doch schon einige Filme mit der C330 aufgenommen. In den meisten Fällen stand die Mamiya auf einem schweren Stativ, auf dem sie sich auch am wohlsten fühlt. Zunächst dreht man an der großen Filmtransportkurbel bis zum nächsten Anschlag um den Verschluss zu spannen und den Film ein Bild weiter zu bewegen. Nun steht den ersten Bildern nichts mehr im Wege.
Der Sucher
Eine wunderbar helle und riesengroße Mattscheibe erlaubt auch mir als Brillenträger präzises Scharfeinstellen – und das ist wahrlich eine Freude. Mit den großen, beidseitig angebrachten Fokussierknöpfen fährt man die über einen Balgen mit dem Kameragehäuse verbundene Objektivstandarte aus und nährt sich so dem gewünschten Schärfepunkt. Hat man ihn gefunden, kann man die Stellung über einen Hebel arretieren und sich der Belichtung widmen.
Belichtung
Ein Handbelichtungsmesser vermittelt wohl die zur Kamera passende Haptik, meine Vergesslichkeit führt allerdings dazu, dass er des öfteren in meiner Tasche fehlt. Aus diesem Grunde besorgte ich fürs iPhone die „Photometer-App“, da ich dieses kleine „Wunderding“ immer dabei habe. Habe ich den Handbelichtungsmesser doch dabei, wird die richtige Zeit – Blenden – Kombination natürlich mit diesem Gerät bestimmt. Und die Möglichkeiten sind enorm weit gefächert. Mit dem Standardobjektiv Sekor f=80 mm 1:2,8 sind Blendeneinstellungen von 2,8 bis hin zur Blende 32 möglich. Und die Zeitenreihe ist auch nicht gerade klein, umfasst sie doch Werte von 1 bis 1/500s und auch B. So kann man die Schärfentiefe sehr feinfühlig abstimmen.
Das Allerbeste: Man kann mit dieser Kamera auch wunderbar Doppelbelichtungen anfertigen. Am großen Drehschalter unter der Filmtransportkurbel mit den Aufschriften Single / Multi schaltet man die Doppelbelichtungssperre ab (Stellung “Multi”). Hat man das erste Foto gemacht, wird der Verschluss direkt am Objektiv erneut gespannt. Hier weicht das Vorgehen ein wenig von der Bedienungsanleitung ab, da man die Transportkurbel nicht drehen darf! Nun kann man mit einem der zwei Auslöser ein weiteres Mal das Foto belichten. Dieser Vorgang lässt sich beliebig oft wiederholen.
Ruht die Kamera auf einem Stativ, sollte ein langer Drahtauslöser im unten angebrachten Gehäuseauslöser eingeschraubt werden. Betätigt man den Auslöser, läuft der Verschluss mit der Präzision eines japanischen Uhrwerkes ab. Dies ist übrigens wörtlich zu nehmen, denn der eine oder andere besitzt vielleicht auch eine Seiko-Uhr und weiß deren mechanische Qualität zu schätzen. Das Auslösegeräusch ist dann auch deutlich dezenter, als man es bei der Größe der Kamera vermutet. Die Transportkurbel einmal wie bei der Rolleiflex gedreht und schon kann es weiter gehen.
Film einlegen
An dieser Stelle fällt mir auf, dass ich wie immer die Zeit nicht abwarten konnte, und glatt vergessen habe, den Film einzulegen. Nein im Ernst, das ist mir bei der Mamiya C330 noch nie passiert. Ich habe den Artikel nun einmal mit dem Thema begonnen, was mir am meisten Freude an dieser Kamera bereitet: Der Blick durch den traumhaften Lichtschachtsucher. Nun aber endlich zum Filmeinlegen. Die Rückwand ist gegen versehentliches Öffnen durch eine Rückwandsperre gesichert. Am einfachsten bestückt man die Kamera mit Film, indem man sie mit den Objektiven nach unten auf einen Tisch legt und die Rückwand öffnet. Diese Kamera verarbeitet zusätzlich zu Rollfilm Typ 120 auch Filme ohne durchgehendes Lichtschutzpapier vom Typ 220 für 24 Aufnahmen. Durch eine Drehung der Filmandruckplatte um 90° kann man das Zählwerk der Kamera auf die entsprechende Bilderzahl einstellen.
Da es allerdings nicht mehr viele Filme vom Typ 220 gibt, habe ich diese Einstellung noch nie benötigt (meine Lieblingsfilme werden nicht als Rollfilm 220 angeboten). Das Filmeinlegen ist aufgrund der Größe auch weniger fummelig, als bei anderen Kameras dieses Typs. Der Film wird an der Unterseite der Kamera nicht um 90° angewinkelt, sondern läuft gerade über die Filmbahn. Die Filmrolle wird wie bei jeder anderen Mittelformatkamera vorbereitet und kann dann eingelegt werden. Um die Spulen bequem in die Spulenkammern zu bringen, sind beide Spulenknöpfe durch eine kurze Drehung arretierbar. Alles passt wunderbar und man dreht mit der bereits beschriebenen Transportkurbel solange, bis die Pfeilmarkierung für den Filmstart auf dem Schutzpapier den beidseitig angebrachten Schlitzen an der Filmführung gegenübersteht. Und das Beste: Die Abstände zwischen den Bildern sind bei der Mamiya immer genau gleich.
Wenn man die Rückwand geschlossen hat, kurbelt man so lange, bis die Kurbel ihren Anschlag erreicht und im Bildzähler die 1 zu erkennen ist. Nun aber los, Kamera auf das Stativ und 12 wunderbar scharfe Fotos machen (es sei denn, man rennt wie ich gerne einmal gegen eines der Stativbeine – ein Nachteil bei Schuhgröße 47).
Wenn man möchte (…und das entsprechende Kleingeld bei ebay investieren möchte), kann man die Kamera auch mit Zusatzobjektiven bestücken. Am interessantesten finde ich dabei das 55mm Weitwinkel, welches zu den Besten seiner Klasse gehört. Aber auch Portrait-Teleobjektive mit 135 und 180mm Brennweite stehen zur Verfügung. Weiterhin gibt es noch ein leichtes Weitwinkel mit 65mm, ein 105mm Normalobjektiv mit Selbstauslöser und als Abschluss nach oben ein 250mm Teleobjektiv, welches allerdings nicht automatisch mit der Kurbel gespannt wird. Ich verwende meist das 80er oder das 55er Weitwinkel. Wenn man den seitenrichtigen Einblick bevorzugt, kann man den Lichtschachtsucher gegen einen Prismensucher tauschen.
Nun habe ich aber genug über die monströse, zweiäugige Mamiya geschrieben und freue mich auf die nächsten Einsätze meiner schwergewichtigen Japanerin. Euch wünsche ich noch viel Freude beim Bildermachen.
Bis zum nächsten Bericht.
geschrieben von fotohelmut am 2014-02-08 in #Ausrüstung #review #rollfilm #mamiya #tlr #zweiaeugig #c330 #seiko #wechselobjektiv #professional_s
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