Restaurant Silbervogel

Wenn du das erste Mal in Hannover am Ricklinger Kreisel Richtung B 65 fährst, denkst du nach ca 500 m: Wow, etwas weniger LSD hätte es gestern abend auch getan – immer diese verdammten Flashbacks oder Mann, jetzt bin ich doch am Flughafen gelandet… da wollte ich doch gar nicht hin!

Der Grund dieser Halluzinationen ist schnell aufgeklärt. Zunächst einmal sieht man nach einigen hundert Metern ein waschechtes Polizeiauto in ca. 20m auf einem Pfahl hocken…und als wäre das nicht schon bizarr genug, bekommt man einige Meter später auf der gleichen Seite ein waschechtes Flugzeug auf einem Parkplatz vor die Pupillen geknallt.

Nachdem man das erstmal verdaut hat, ist natürlich das lomographische Entdeckergen geweckt und man beginnt mit der Erforschung.

Achtung, jetzt wird es erstmal wieder nerdig:

Das Flugzeug, mit dem wir es zu tun haben, ist eine Vickers (spart euch das pubertäre Gegrinse) 814 Viscount.

Die Vickers leistete ihren Erstflug 1948 und eröffnete damit das Turboprop-Zeitalter in der zivilen Luftfahrt. Ihre vier Rolls Royce Triebwerke waren, nicht wie bis dahin üblich, klassische Kolbenmotoren, sondern – ihr habt es sicher schon erraten – natürlich Turbinen.

Die Fluggäste kamen wohl damals aus dem Staunen kaum heraus. Komfort und Fluggefühl stellten alles bisher dagewesene in den Schatten (kein Wunder bei Zeppelin, Heißluftballon und Doppeldecker) und auch die ungewöhnlich großen Fenster waren bei den Fluggästen sehr beliebt.

So ändern sich die Zeiten… Ich bin jedenfalls immer froh, wenn ich einen Gangplatz habe, damit ich leichter auf´s Klo kann und nicht über meinen Sitznachbarn steigen muss.

Die technischen Daten spare ich mir jetzt mal, sonst erinnert das Ganze zu sehr an Quartett spielen im Ferienlager: “Spannweite 28,55! Spannweite 29,93! Ist meiner gib her… Max. Reichweite 2780km – hab ich auch! Sticht!”
Apropos Ferienlager, an dieser Stelle sei mir noch ein kleiner Lesetip erlaubt: Der Fleckenteufel von Heinz Strunk. Es ist ja bald Weihnachten, also schnell auf den Gabenzettel damit.

Kommen wir jetzt noch mal zurück zu unserer Vickers. 1969 von der Lufthansa in den verdienten Ruhestand geschickt, landete die Maschine erstmal im Ith bei Eschershausen (wer wissen will, wo das ist – bitte Google Maps bemühen, oder das nächste Mal in Geo besser aufpassen) und wurde dann 1971 zum Flugzeugcafé umdekoriert. Das ging dann wohl einige Jahre gut, bis unsere alte “Alpha-Bravo” dann wieder umziehen musste. Dieses Mal nach Hannover, wo sie zunächst mal in mühevoller Kleinarbeit restauriert wurde um dann im Jahr 2003 bei der Neueröffnung des Restaurants Silbervogel wieder im alten Glanz zu erstrahlen und nichts ahnende Autofahrer zu erschrecken.

Wenn ihr also das nächste Mal wieder piekfein ausgehen wollt, dann solltet ihr einmal dieses wichtige Stück Luftfahrtgeschichte in Erwägung ziehen. Klingt doch auch gut vor den Freunden: Wir haben heute abend wieder in der 1. Klasse gespeist!

Mehr Info zum Silbervogel

geschrieben von eyecon am 2009-11-27 in #Orte #food #agfa #restaurant #fed-5b #airplane #silver #location #flugzeug

Mehr interessante Artikel